Weiß, dass dieses Thema hier nicht unbedingt populär ist., Textlängen oder auch -kürzen bisweilen zu erregten Dissonanzen zwischen Liebhabern ein und derselben Fußballkost sorgen. Trotzdem sehe ich hier 99,99 % des Forums als Verfechter des wohlfeilen Wortgefechts (SCHWALL, KOTZ, WÜRG ;-)
Aber im Ernst: Einige erlesene oder vielmehr belesene Exemplare unserer Gattung begeistern immer wieder mit Zitaten und/oder angelesenem Hintergrundwissen, auf das zumindest ich (bisweilen) gerne zurückgreifen würde.
Ich weiß, dass diese Idee extrem aus der Zeit gefallen ist. Trotzdem finde ich es genauso wunderprächtig – wie in der Nachtmusik (nur vielleicht aufwendiger) –, Vorlieben, Einfälle oder gar Ideologien zu erschließen … … die (nichtsdestotrotz) eine »unendliche Liebe« zu unserem Verein gestatten.
Um die Kurz- wie die Langleser zu berücksichtigen, schmeiße ich mal zwei Favoriten in die Runde (die natürlich einen Bezug zu einander haben ;-)
Ambrose Bierce »Des Teufels Wörterbuch« lexikalisch bzw. einfach nur alphabetisch gesammelte Aphorismen (ohne sprachl. Stilmittel) à la: "belehren _ seinem Nachbarn einen Irrtum aufdrängen, der anders und besser ist als jener, welchem anzuhängen er für förderlich gehalten hat."
Carlos Fuentes »Der alte Gringo« Roman über einen alten US-amerikanischen Sausack (genau jenen oben), der in der mexikanischen Revolution verloren ging – oder gehen wollte ;-)
KEINE SORGE: Hier muss, soll keiner lesen. ABER: Die genialen Zitate einiger Foristen schreien für mich förmlich nach mehr
Deswegen hier gleich noch was für Freunde des Faktischen und der Greta-Liebhaber:
Ionescu/Mokhnacheva/Gemenne »Atlas der Umweltmigration« ;-) … ohne Kommentar …
Da es hier aber ja nicht um off topic, sondern unseren FC geht (und hören mindestens genauso aufregend wie lesen ist – und Video-Streaming unsere Server am Kacken hält):
"Es ist vielmehr so, dass die Welt für den Menschen nur in der Vorstellung existiert und dass diese Vorstellung gefährlich ist. Was ihm auf dem Weg hilft, das kann ihn genauso gut blenden, sodass er den richtigen Weg verfehlt. Der Schlüssel zum Himmel passt auch zur Pforte der Hölle." (sagte der Blinde zum Sepulturero/Grabräuber)
Nachtlektüre.... es ist erst Abend, aber Zeit, sich mit einem guten Buch an den Ofen zurückzuziehen und eine Flasche Roten auf den FC zu trinken. Und auf England natürlich, das am Donnerstag zum zweiten Mal beschlossen hat, Selbstbestimmung der Fremdbestimmung vorzuziehen, das hatte ich mir bis heute aufgehoben. Jetzt ein wenig Ruhe wird nach den Nervenschlachten guttun. "In omnibus requiem quaesivi et nusquam inveni nisi in in angulo cum libro", wußte der alte Thomas von Kempen, oder, wie auch überliefert ist: "in een Hoecken met een Boecken". Der gute Mann ist im 14. Jahrhundert nicht weit von hier geboren, auch ihm sei heute zugeprostet.
"Zwischen den Jahren" mal etwas von Joachim Ringelnatz. Soll angeblich eines der ältesten oder gar das älteste deutsche Gedicht zum Thema Fußball sein. Keine Ahnung, ob das stimmt; es ist von 1920.
Fußball (nebst Abart und Ausartung)
Der Fußballwahn ist eine Krank- Heit, aber selten, Gott sei Dank. Ich kenne wen, der litt akut An Fußballwahn und Fußballwut. Sowie er einen Gegenstand In Kugelform und ähnlich fand, So trat er zu und stieß mit Kraft Ihn in die bunte Nachbarschaft. Ob es ein Schwalbennest, ein Tiegel, Ein Käse, Globus oder Igel, Ein Krug, ein Schmuckwerk am Altar, Ein Kegelball, ein Kissen war, Und wem der Gegenstand gehörte, Das war etwas, was ihn nicht störte. Bald trieb er eine Schweineblase, Bald steife Hüte durch die Straße. Dann wieder mit geübtem Schwung Stieß er den Fuß in Pferdedung. Mit Schwamm und Seife trieb er Sport. Die Lampenkuppel brach sofort. Das Nachtgeschirr flog zielbewußt Der Tante Berta an die Brust. Kein Abwehrmittel wollte nützen, Nicht Stacheldraht in Stiefelspitzen, Noch Puffer außen angebracht. Er siegte immer, 0 zu 8. Und übte weiter frisch, fromm, frei Mit Totenkopf und Straußenei. Erschreckt durch seine wilden Stöße, Gab man ihm nie Kartoffelklöße. Selbst vor dem Podex und den Brüsten Der Frau ergriff ihn ein Gelüsten, Was er jedoch als Mann von Stand Aus Höflichkeit meist überwand. Dagegen gab ein Schwartenmagen Dem Fleischer Anlaß zum Verklagen. Was beim Gemüsemarkt geschah, Kommt einer Schlacht bei Leipzig nah. Da schwirrten Äpfel, Apfelsinen Durch Publikum wie wilde Bienen. Da sah man Blutorangen, Zwetschen An blassen Wangen sich zerquetschen. Das Eigelb überzog die Leiber, Ein Fischkorb platzte zwischen Weiber. Kartoffeln spritzten und Zitronen. Man duckte sich vor den Melonen. Dem Krautkopf folgten Kürbisschüsse. Dann donnerten die Kokosnüsse. Genug! Als alles dies getan, Griff unser Held zum Größenwahn. Schon schäkernd mit der U-Bootsmine Besann er sich auf die Lawine. Doch als pompöser Fußballstößer Fand er die Erde noch viel größer. Er rang mit mancherlei Problemen. Zunächst: Wie soll man Anlauf nehmen? Dann schiffte er von dem Balkon Sich ein in einem Luftballon. Und blieb von da an in der Luft, Verschollen. Hat sich selbst verpufft. – Ich warne euch, ihr Brüder Jahns, Vor dem Gebrauch des Fußballwahns!
Ein Ziel, wird immer wieder von mir verlangt, ein Ziel sollte ich haben. Mein Gott, muss ich da fragen, wo soll denn das hinführen? Christof Stählin
Pflichtlektüre zu Weihnachten: Heinrich Heine, Deutschland. Ein Wintermärchen.
"Zu Aachen, im alten Dome, liegt Carolus Magnus begraben. (Man muß ihn nicht verwechseln mit Karl Mayer, der lebt in Schwaben.)
Ich möchte nicht tot und begraben sein Als Kaiser zu Aachen im Dome; Weit lieber lebt' ich als kleinster Poet Zu Stukkert am Neckarstrome.
Zu Aachen langweilen sich auf der Straß' Die Hunde, sie flehn untertänig: »Gib uns einen Fußtritt, o Fremdling, das wird Vielleicht uns zerstreuen ein wenig.«
Ich bin in diesem langweil'gen Nest Ein Stündchen herumgeschlendert. Sah wieder preußisches Militär, Hat sich nicht sehr verändert.
Es sind die grauen Mäntel noch Mit dem hohen, roten Kragen – (Das Rot bedeutet Franzosenblut, Sang Körner in früheren Tagen.)
Noch immer das hölzern pedantische Volk, Noch immer ein rechter Winkel In jeder Bewegung, und im Gesicht Der eingefrorene Dünkel.
Sie stelzen noch immer so steif herum, So kerzengerade geschniegelt, Als hätten sie verschluckt den Stock, Womit man sie einst geprügelt."
Du weißt aber schon, was des Heines Heimatstadt war - die mochte er zwar wenig, aber es war nicht Köln, sondern die Konkurrenz. Köln hat die Kebekus, Düsseldorf den Heine. Ich finde: Liegen beide ungefähr gleichauf.
Es gibt eine schöne Anekdote von Heine:
"»Dein Großvater war ein kleiner Jude und hatte einen großen Bart.« Diese Antwort erhielt Harry Heine, der später den Namen Heinrich tragen sollte, als er seinen Vater über seine Herkunft befragte. Am nächsten Tag gab er sie an seine Mitschüler weiter: »Kaum hatte ich diese Mitteilung gemacht, als sie von Mund zu Mund flog, in allen Tonarten wiederholt ward, mit Begleitung von nachgeäfften Tierstimmen. Die Kleinen sprangen über Tische und Bänke, rissen von den Wänden die Rechentafeln, welche auf den Boden purzelten nebst den Tintenfässern, und dabei wurde gelacht, gemeckert, gegrunzt, gebellt, gekräht - ein Höllenspektakel, dessen Refrain immer der Großvater war, der ein kleiner Jude gewesen und einen großen Bart hatte. Der Lehrer, welchem die Klasse gehörte, vernahm den Lärm und trat mit zornglühendem Gesichte in den Saal und fragte gleich nach dem Urheber dieses Unfugs. Wie immer in solchen Fällen geschieht: ein jeder suchte kleinlaut sich zu diskulpieren, und am Ende der Untersuchung ergab es sich, daß ich Ärmster überwiesen ward, durch meine Mitteilung über meinen Großvater den ganzen Lärm veranlaßt zu haben, und ich büßte meine Schuld durch eine bedeutende Anzahl Prügel. Es waren die ersten Prügel, die ich auf dieser Erde empfing [...]. Der Stock, womit ich geprügelt ward, war ein Rohr von gelber Farbe, doch die Streifen, welche dasselbe auf meinem Rücken ließ, waren dunkelblau. Ich habe sie nicht vergessen.«
Zitat von Joganovic im Beitrag #8Du weißt aber schon, was des Heines Heimatstadt war - die mochte er zwar wenig, aber es war nicht Köln, sondern die Konkurrenz. Köln hat die Kebekus, Düsseldorf den Heine. Ich finde: Liegen beide ungefähr gleichauf.
Es gibt eine schöne Anekdote von Heine:
"»Dein Großvater war ein kleiner Jude und hatte einen großen Bart.« Diese Antwort erhielt Harry Heine, der später den Namen Heinrich tragen sollte, als er seinen Vater über seine Herkunft befragte. Am nächsten Tag gab er sie an seine Mitschüler weiter: »Kaum hatte ich diese Mitteilung gemacht, als sie von Mund zu Mund flog, in allen Tonarten wiederholt ward, mit Begleitung von nachgeäfften Tierstimmen. Die Kleinen sprangen über Tische und Bänke, rissen von den Wänden die Rechentafeln, welche auf den Boden purzelten nebst den Tintenfässern, und dabei wurde gelacht, gemeckert, gegrunzt, gebellt, gekräht - ein Höllenspektakel, dessen Refrain immer der Großvater war, der ein kleiner Jude gewesen und einen großen Bart hatte. Der Lehrer, welchem die Klasse gehörte, vernahm den Lärm und trat mit zornglühendem Gesichte in den Saal und fragte gleich nach dem Urheber dieses Unfugs. Wie immer in solchen Fällen geschieht: ein jeder suchte kleinlaut sich zu diskulpieren, und am Ende der Untersuchung ergab es sich, daß ich Ärmster überwiesen ward, durch meine Mitteilung über meinen Großvater den ganzen Lärm veranlaßt zu haben, und ich büßte meine Schuld durch eine bedeutende Anzahl Prügel. Es waren die ersten Prügel, die ich auf dieser Erde empfing [...]. Der Stock, womit ich geprügelt ward, war ein Rohr von gelber Farbe, doch die Streifen, welche dasselbe auf meinem Rücken ließ, waren dunkelblau. Ich habe sie nicht vergessen.«
Klar weiß ich das. Man kann sich seine Geburtsstadt eben nicht aussuchen. Er hat außerdem deutlich länger außerhalb Düsseldorfs gewohnt, studierte in Bonn und Göttingen, lebte 26 Jahre in Paris. Ich denke, er ist damit für seine unglückliche Düsseldorfer Abstammung rehabilitiert. Und wenn ich hin und wieder in Paris bin, gehört ein Besuch an seinem Grab unbedingt dazu.
Heines Wintermärchen ist ja ein sehr, sehr langes Gedicht, hat wohl mehr als 500 Strophen. Zum Glück hat der auch wunderschöne kurze Sachen geschrieben. Wie zum Beispiel dieses hier:
Das Fräulein stand am Meere
Das Fräulein stand am Meere Und seufzte lang und bang, Es rührte sie so sehre Der Sonnenuntergang.
Mein Fräulein! sein Sie munter, Das ist ein altes Stück; Hier vorne geht sie unter Und kehrt von hinten zurück.
Ein Ziel, wird immer wieder von mir verlangt, ein Ziel sollte ich haben. Mein Gott, muss ich da fragen, wo soll denn das hinführen? Christof Stählin
Bist du manchmal auch verstimmt, Drück dich zärtlich an mein Herze, Daß mir's fast den Atem nimmt, Streich und kneif in süßem Scherze, Wie ein rechter Liebestor Lehn ich sanft an dich die Wange Und du singst mir fein ins Ohr. Wohl im Hofe bei dem Klange Katze miaut, Hund heult und bellt, Nachbar schimpft mit wilder Miene – Doch was kümmert uns die Welt, Süße, traute Violine!
Eigentlich wollte FC-Fan Toni A. nach der Qualifikation zur Europa League im Mai 2017 nur den Sommer genießen. Doch dann bestieg er ein Flugzeug nach Australien, das im Indischen Ozean notwassern musste. Zweieinhalb Jahre saß er auf einer Insel fest. Doch eines Tages bemerkte ein Containerschiff sein Signalfeuer. Der Kapitän ließ anhalten. Und nach einer Dusche, einer Rasur und einem Wasser mit Kohlensäure kam Toni zu der Erkenntnis, dass er die zweieinhalb Jahre Einsamkeit ganz gut überstanden hatte. Ließ sich ein Telefon geben. Und rief seinen besten Freund an. Ich bin’s.
Junge. Junge! Du bist es wirklich!
Sag ich doch.
Wahnsinn. Junge! Wo warst du? Was ist passiert? Wie geht es dir?
Erzähle ich, wenn ich zurück bin. Erzähl du mir lieber schnell: Was macht der FC?
Die sind jetzt immerhin schon nicht mehr Letzter.
In der Champions League? Heftige Gruppe?
In der Bundesliga. Aber es ist ja noch früh in der Saison, als Aufsteiger muss man einfach damit rechnen, dass es mal schwieriger wird.
Als Aufsteiger?
Ja, es gab da ein kleines Malheur in der Saison 2017/18.
In der Europa-League-Saison?
Ja, die ist ein bisschen schiefgegangen. Eigentlich will ich da nicht mehr drüber reden, wir haben sehr gelitten hier. Sei froh, dass du … nee, entschuldige. Du musst natürlich nicht froh sein…
… abgestiegen? Die sind wieder abgestiegen?
Ja. Aber eben dann auch wieder aufgestiegen!
Hat der Stöger es also repariert.
Nein, der Anfang.
Der – wer?
Markus Anfang. Kennst du vielleicht, vom KSV Heimersdorf. Der war damals in Kiel ganz gut.
Kiel? Handball?
Fußball, sogar wir haben letzte Saison gegen die gespielt. Und zweimal nicht verloren.
Wie sind wir abgestiegen? Wie war die Europa League?
Das ging alles wahnsinnig schnell. Wir haben in der Liga jedes Spiel verloren bis auf drei schlimme Unentschieden. Dann musste Peter gehen, Ruthenbeck hat am 17. Spieltag mit einem 1:0 zu Hause gegen Wolfsburg die Punkte verdoppelt.
Ruthenbeck? Der Jugendtrainer? Hatte Schmadtke denn keinen anderen? Der hatte doch den Labbadia holen wollen.
Ach so, Schmaddi. Der war da ja schon weg.
Und wer hat Stöger entlassen?
Wehrle und Spinner, meine ich. Ist aber auch sehr lange her jetzt.
Und dann kam Anfang?
Erstmal kam Armin Veh.
Als Trainer?
Trainer wollte er nicht mehr, deswegen hat er den Geschäftsführer gemacht, weil er mal gucken wollte, wie das ist. Ruthenbeck durfte den Trainer machen.
Armin Veh ist unser Manager?
Nicht mehr. Er hat irgendwie die Lust verloren. Wobei es sowieso nur ganz kurz zwischendurch mal so ausgesehen hat, als habe er Lust. Im Sommer war er mal ganz gut drauf, im Trainingslager in Kitzbühel, als ihn Horst Heldt besucht hat, die waren ja mal zusammen Meister mit Stuttgart. Vehs Sohn mit der Schwiegertochter war dann auch da. Das hat dem Veh ganz gut gefallen. Insgesamt fand er Köln und die Kölner und den FC jetzt aber nicht so toll, glaube ich.
Und wer ist jetzt Manager?
Na, der Heldt. Hatte ich das nicht gerade gesagt?
Hattest du nicht, aber passt ja. Und Trainer ist dieser Anfang.
Ach so, der Anfang. Das hättest du sehen sollen. Die haben Tore geschossen, das war der Wahnsinn. Zwar auch ordentlich kassiert. Aber Millionen Chancen gehabt und getroffen und getroffen. Dann haben die gegen Darmstadt zu Hause 1:2 verloren und auch vorher schon immer wieder mal eine Gurke dringehabt. Da musste der Anfang gehen. Obwohl die da Erster waren.
Dann wieder der Ruthenbeck?
Nee, ging nicht mehr nach der Abstiegsrückrunde mit Veh, der hatte den ganz schön kleingemacht. Pawlak hat dann 4:0 in Fürth gewonnen, damit waren die durch. Wir haben sogar ein bisschen den Platz gestürmt.
Und Pawlak hat es dann durchgezogen? Der von den Amateuren?
Der hat erstmal gegen Regensburg eine 3:5-Rutsche bekommen und in Magdeburg ein 1:1 hingelegt. War zu wenig. Darum kam dann der Beierlorzer.
Der von Bayern München?
Nein, das ist der Bruder. Unser Beierlorzer kam von Regensburg, weil Regensburg wirklich sehr gut war in der Zweiten Liga.
So wie Kiel mit dem Anfang?
Ja, ein bisschen.
Und packt der Beierlorzer das?
Der Beierlorzer? Der ist schon wieder weg. Hatte ein Endspiel gegen Hoffenheim, das er 1:2 verloren hat nach Videobeweis.
Videobeweis?
Hör auf. Er hat jedenfalls gegen Hoffenheim verloren und musste gehen. Dann war Länderspielpause, anschließend hat Beierlorzer noch eine zweite Chance bekommen und Hoffenheim 5:1 weggeknallt.
Im Pokal dann oder was?
Ach so, hatte ich noch nicht erzählt. Im Pokal sind wir in Saarbrücken rausgeflogen, die spielen Regionalliga, Lottner ist da Trainer. Also: war da Trainer, ist jetzt auch weg, obwohl die Tabellenführer waren. Nein, Beierlorzer ist in der Länderspielpause nach Mainz gewechselt, und die haben direkt das erste Spiel mit ihm gegen Hoffenheim gehabt. Eigentlich hätte man da viel mehr drüber lachen müssen, aber man kommt zu nichts.
Ja, und wer trainiert jetzt – uns?
Markus Gisdol.
Der Gisdol! Das weiß ich noch. 20. Mai 2017, wir gewinnen gegen Mainz, Platz fünf; Platzsturm, Tränen, Sonnenschein. Da hat doch der Gisdol den HSV gerettet. Letzter Spieltag, 88. Minute. Die waren doch so weg damals.
Ja, der Gisdol dann bald aber auch, der HSV hat es in der nächsten Saison ziemlich vergeigt. Sind auch abgestiegen.
Der HSV? Abgestiegen?
Ja, die sind sogar immer noch in der Zweiten Liga.
Alter!
Ja, immerhin. Die bescheuerte Uhr haben sie auch abgehängt.
Und der Gisdol ist richtig gut jetzt?
Hat vor der Winterpause dreimal nacheinander gewonnen, sogar gegen Leverkusen. Das war schon ziemlich wichtig. Blöd, dass er vorher gegen Union Berlin verloren hatte.
Union Berlin? Im Pokal?
Sind wir doch raus, hatte ich doch erzählt. Union spielt jetzt Bundesliga. Sind mit uns und Paderborn aufgestiegen.
Gut, aber dann können wir ja gar nicht absteigen.
Grundsätzlich schon, momentan ist Union aber drei Punkte vor uns. Die machen das gut.
Vor zwei Jahren hat Modeste ständig getroffen. Ist der verletzt?
Nein, null. Macht jedes Training mit, wiegt kein Gramm zu viel, hat tierisch Bock. Aber irgendwie ist er nicht mehr der Alte, seit er aus China zurück ist.
Aus China?
Hatte ich nicht erzählt? Der wollte in Köln doppeltes Gehalt, Schmadtke war supersauer. Dann ist er für 30 Millionen nach China. Wehrle und Martin Schulz haben ihn dort später irgendwie losgeeist. War alles etwas kompliziert.
Schulz? Der Bundeskanzler?
Stimmt, der wollte ja Kanzler werden. Schulz war bis September Mitglied im FC-Beirat, aber dann wollte der Wolf die Politiker aus den Gremien haben.
Wolf?
Der Nachfolger vom Spinner.
Werner Spinner ist nicht mehr FC-Präsident?
Ach, schon lange nicht mehr. Das war so: Schmadtke und Stöger haben in der Abstiegssaison nicht mehr miteinander gesprochen, monatelang. Spinner hat sich vorgeworfen, es nicht bemerkt zu haben. Mittlerweile hat er sich aber dazu entschieden, vor allem Stöger und Schmadtke vorzuwerfen, ihn belogen zu haben. Ja, und als sich dann Anfang und Veh auch nicht verstanden haben, hat Spinner gesagt: Passiert mir nicht nochmal.
Das ist aber ja gut!
Klar. Gute Leute machen nie denselben Fehler zweimal. Spinner war dann beim Skifahren gestürzt und lag im Krankenhaus. Da hat er eine Sprachnachricht an Schumacher und Ritterbach geschickt, in der er sagte, man müsse mal über Sportchef und Trainer reden, weil man denen nicht wieder in die Falle rennen könne. Entweder der Trainer oder die Geschäftsführung müssten gehen.
Die Geschäftsführung? Der Wehrle auch?
Nein, Wehrle natürlich nicht. Er hat Geschäftsführung gesagt, es aber auf den Sport bezogen. Mit Wehrle hatte das nichts zu tun.
Und wer musste dann gehen? Veh oder Anfang?
Erstmal der Spinner.
Oh.
Jemand hat die Sprachnachricht weitererzählt, vor allem das mit der Geschäftsführung. Veh fand es nicht angemessen, in Frage gestellt zu werden. Und Wehrle, würde ich jetzt sagen, war wohl auch irritiert.
Hätte der Vorstand die Sprachnachricht nicht einfach an Wehrle weitergeben können? Obwohl – sorry. Das macht man ja nicht, sowas ist ja vertraulich.
So sieht’s aus. Womöglich wäre es aber in diesem Fall besser gewesen, einfach die Sprachnachricht weiterzugeben statt Flüsterpost zu spielen. Egal. Veh hat sich jedenfalls hingestellt und den Präsidenten angezählt. Dann ist Spinner zurückgetreten, weil er im Herbst sowieso aufhören wollte.
Und Schumacher und Ritterbach?
Haben weitergemacht. Mit Müller-Römer.
Dem mit den Haaren? Ist ja sensationell. Der hat den Laden dann aber auf den Kopf gestellt.
Geht so. Ziemlich bald haben die beiden Vizes beschlossen, keine Präsidiumssitzungen mehr abzuhalten, da war es dann schon wieder aus. Ein halbes Jahr lang hat der Gemeinsame Ausschuss den Verein regiert, könnte man sagen. In Wahrheit war es natürlich Veh, dem ja traditionell egal ist, wer unter ihm Gremium ist.
Junge, das kannst du doch alles keinem erzählen... Meine Insel war eigentlich ganz hübsch.
Ja, schwierig. Aber komm jetzt trotzdem erstmal nach Hause. Neues Jahr, alter FC.
@ Joe Cool Eine geniale Zusammenfassung der jüngsten FC-Vergangenheit, sehr schön formuliert. Die Essenz meines 55-jährigen Fanseins fällt dagegen extrem knapp aus: März 1965: Die "Münze" bleibt senkrecht im Schlamm stecken Januar 2020: Es hat sie bis heute keiner 'rausgeholt
Wir hatten hier ja kürzlich einiges von Heinrich Heine. Gestern bekam ich per Email den Prospekt eines Verlages, der Heines "Deutschland ein Wintermärchen" anpries, das von € 9,99 auf € 3,95 heruntergesetzt sei. Im Begleittext dieser Werbung wurde Marcel Reich-Ranicki folgendermaßen zitiert:
»Heinrich Heine befreite die Dichtung vom Erhabenen und Würdevollen, vom Hymnischen und Feierlichen und auch vom Dunklen. Er gab ihr, was sie dem deutschen Leser meist vorenthalten hatte: Leichtigkeit und Anmut, Charme und Eleganz, Witz und Esprit, Rationalität und Urbanität und gelegentlich auch Frivolität«
Ich finde, das bringt es gut auf den Punkt.
Ein Ziel, wird immer wieder von mir verlangt, ein Ziel sollte ich haben. Mein Gott, muss ich da fragen, wo soll denn das hinführen? Christof Stählin
Da wir ohnehin in den meisten Threads irgendwann immer noch auf den Hund gekommen sind, versuche ich es auch hier mal und möchte auf ein kleines Büchlein hinweisen: "Herr und Hund - Ein Idyll". Darin berichtet Thomas Mann über sein Leben mit seinem Hund Bauschan, die gemeinsamen Ausgänge in den Isarauen, Bauschans Versuche, Hasen und Mäuse zu jagen, und so fort...
Längere Textteile habe ich im Netz nicht gefunden, nur ein paar kleine Auszüge:
"Wenn es darauf ankommt, so nimmt er jedes Hindernis – ist es allzu hoch, um im freien Sprunge bewältigt zu werden, so klettert er anspringend hinauf und lässt sich jenseits hinunterfallen, genug, er nimmt es. Aber das Hindernis muss ein wirkliches Hindernis sein, das heißt ein solches, unter dem man nicht durchlaufen oder durchschlüpfen kann: sonst würde Bauschan es als verrückt empfinden, darüber wegzuspringen."
Begeistert berichtet Mann von den Spaziergängen, aber ohne Hund sind sie nichts:
"Meine Spaziergänge waren fortan, was ungesalzene Speisen dem Gaumen sind; sie gewährten mir nur wenig Vergnügen. Kein stiller Freudensturm herrschte bei meinem Ausgang […]. Der Park schien mir öde, ich langweilte mich.“
Ein Ziel, wird immer wieder von mir verlangt, ein Ziel sollte ich haben. Mein Gott, muss ich da fragen, wo soll denn das hinführen? Christof Stählin
Wer sich mit Corona langweilt, mag Boccaccios Decamerone einmal wieder vornehmen und feststellen, daß die Pest doch noch ein kleinwenig gefährlicher ist, auch wenn unsere Politiker es wahrscheinlich nicht wahrhaben wollen.
Zitat von smokie im Beitrag #24@Aix Du glaubst es gibt Politiker, die die Pest für gefährlicher halten als Corona?
Er glaubt, es gibt Politiker, die Corona für gefährlicher als so ziemlich alles andere halten. Wer das "Decamerone" allerdings gelesen hat, der weiß, daß die Reaktion der meisten Menschen auf Corona genau dieselbe ist wie auf die Pest: Bumsen, bis der Arzt oder Bestatter kommt.