In der 90. Minute entlud sich Simon Teroddes Frust. Ohne Chance auf den Ball, stieg der FC-Stürmer Leipzigs Dayot Upamecano voll auf den Schlappen – eine schwere Knöchelprellung und das Aus für das Champions-League-Spiel gegen Benfica Lissabon waren die Folgen. Die rotverdächtige Aktion war das Nachhaltigste, was von Teroddes 20-Minuten-Einsatz in Erinnerung blieb. Kölns neuer Coach Markus Gisdol hatte auf Anthony Modeste als einzige Spitze gesetzt – wegen guter Trainingseindrücke und eines „Bauchgefühls“. Der Franzose kam kaum zur Geltung, bis auf eine Kopfballchance Mitte der zweiten Hälfte. Gisdol lobte dennoch: „Ich finde, dass Tony das vernünftig gemacht hat. Er war immer wieder im Sandwich der beiden Innenverteidiger. Wichtig war, dass er 90 Minuten Belastung hatte, um in den Rhythmus zu kommen. Ich hätte ihm gewünscht, dass er den Kopfball reinmacht, das hätte ihm gutgetan.“ Sportboss Horst Heldt: „Normalerweise macht er den.“
Modestes Tore-Konto bleibt allerdings bei nur einem Treffer (dem 1:1 in Freiburg). Terodde kommt bereits auf drei – umso enttäuschter dürfte er über seinen Bank-Platz gewesen sein. Gisdol: „Natürlich will jeder Spieler von Beginn an spielen. Ich habe mit Simon vor dem Spiel gesprochen und es ihm kurz erklärt.“ Ab Dienstag, wenn mit einer Doppelschicht die Vorbereitung auf Augsburg (Samstag, 15.30 Uhr) beginnt, haben es Terodde und Jhon Cordoba in der Hand, sich zurückzukämpfen – Modestes Startelf-Platz ist keinesfalls nicht in Stein gemeißelt. Gisdol: „Die Spieler entscheiden mit ihrer Trainingsleistung ganz allein, wer auf dem Platz steht. Ich hänge das nicht so hoch, ob jemand mal von Beginn an spielt oder nicht.“ Am Sonntag schossen sich Cordoba und Terodde schon mal warm! „Die Jungs haben heute alle Gas gegeben – so muss das sein, wenn man ein Spielersatztraining macht“, so Gisdol. Er selbst muss der Offensive endlich einen Plan einhauchen. Während die anderen Aufsteiger Paderborn und Union mit klugem Aufbauspiel und Kontern auftrumpfen, herrscht beim FC weiter die große Ideenlosigkeit. Kapitän Hector nannte den Auftritt beim 1:4 „strukturlos“ und „blind“, Abwehrchef Rafael Czichos sagte: „Mir fehlte der Mut nach vorne. Es gab Räume, die wir hätten nutzen können. Aber das war viel zu ungenau.“
Jetzt rege ich mich auf Blitz-Sieg des Ex-FC-Trainers ist anrüchig und fragwürdig
Der bis Sonntag ziemlich erfolglose FSV Mainz 05 gewann bei der TSG Hoffenheim in Unterzahl 5:1. Das wäre für sich genommen kein Skandal, wenn dies nicht unter einem Trainer geschehen wäre, der exakt 16 Tage zuvor gegen Hoffenheim 1:2 verloren hatte: Mit dem 1. FC Köln! Dies ist auch kein Vorwurf an den Trainer Beierlorzer, der ein Angebot angenommen hat, das er schwer ablehnen konnte. Dies ist aber ein Vorwurf an das Fußballgeschäft und seine Ruchlosigkeit, die vor keiner fragwürdigen Gelegenheit halt macht, wenn sie nur irgendwie Erfolg verspricht. Im Fußball ist der Wahnsinn so normal geworden, dass es schwer fällt, sich ernsthaft über Fragen von Stil und Sittlichkeit aufzuregen. Der Gewinner hat sowieso immer Recht, und es gibt keinen Blödsinn, der nicht zuvor schon von hundert anderen gesagt und getan wurde. Hier jedoch liegt ein besonderer Fall vor.
Hamstern statt Harakiri Konkurrenz zeigt, wie es gehen kann
Der zwölfte Bundesliga-Spieltag verlief für den 1. FC Köln ernüchternd. Nach dem Trainerwechsel hatten sich die FC-Verantwortlichen eine Reaktion der Mannschaft erhofft, bekamen aber den nächsten Totalausfall. Dagegen zeigte die Konkurrenz, wie es als Underdog gegen Favoriten funktionieren kann. Die Geissböcke geraten so unter immer größeren Druck. Was hatten die Spiele des 1. FC Köln bei RB Leipzig (1:4), des SC Paderborn in Dortmund (3:3), Union Berlin gegen Gladbach (2:0) und Mainz 05 mit Achim Beierlorzer bei 1899 Hoffenheim (5:1) gemein? Vier Abstiegskandidaten trafen auf vier Topteams der Liga. Dazu kam noch die Begegnung Fortuna Düsseldorfs gegen den FC Bayern (0:4). Fünf solcher Duelle also sah man am Wochenende. Die Resultate: Leipzig und Bayern feierten ungefährdete Siege, die weiteren Favoriten patzten jedoch. Während sich der FC von Leipzig und Düsseldorf von den Bayern vorführen ließen, gelang Paderborn, Union und Mainz jeweils eine Überraschung. Die individuelle Klasse des Gegners konnte durch ein Kollektiv besiegt werden.
Auch in dieser Saison spielt der FC bislang Hopp oder Top – und wurde wie im letzten Spiel unter Beierlorzer in der Nachspielzeit bestraft. Nur ein Unentschieden, dafür zwei Siege und neun Niederlagen sprechen eine deutliche Sprache. Die Hamstertaktik, die viele andere Klubs im Abstiegskampf schon so häufig erfolgreich angewendet haben, scheint den Geissböcken fremd geworden. Dabei war es diese Taktik, die einst unter Peter Stöger zwar zu vielen, häufig unansehnlichen Torlos-Unentschieden führte, letztlich aber in Stabilität und Selbstvertrauen kulminierte, wie seit drei Jahren in Köln nicht mehr gesehen. Erst in seiner letzten Saison gelang es dem Österreicher nicht mehr, in einer schwächeren Phase sich zur Not mal einen Punkt zu ermauern, um wieder auf die Füße zu kommen. Das muss der 1. FC Köln nun wieder lernen. Auch mit Blick auf die kommenden Spiele gegen den FC Augsburg und Union Berlin. Denn eines ist sicher: Verlieren ist aus Kölner Sicht gegen direkte Konkurrenten im Abstiegskampf verboten.
Analyse: Der Effekt von Trainerwechseln Bei Mainz klappt, was bei Köln misslingt
Unterschiedlicher hätte sich der Effekt eines Trainerwechsels nicht zeigen können als am zwölften Spieltag: Während der 1. FC Köln unter Markus Gisdol nicht vorankommt, stemmt sich der FSV Mainz 05 unter Achim Beierlorzer gegen die Krise. Ursprünglich hatte Achim Beierlorzer mal gedacht, er würde jetzt im Urlaub sein. Schließlich hatte seine Frau am Montag vergangener Woche bereits die Reise gebucht. Doch nun freut sich der Fußballlehrer auf Tage, die auch ohne Erholung "einfach schön" sind. An seiner neuen Wirkungsstätte, die jetzt 1. FSV Mainz 05 statt 1. FC Köln heißt. Es ist eine wundersame Geschichte, dass der neue Trainer zum Einstand einen 5:1-Sieg gegen die Hoffenheim einfuhr - und gegen denselben Gegner reüssierte, der ihn erst vor zwei Wochen um seinen Job beim 1. FC Köln brachte. Das bereichert die Bundesliga um ein kurioses Kapitel. Oder wie Sportvorstand Rouven Schröder sagte: "Manche Dinge sind im Fußball nicht in Worte zu fassen."
Denn Trainerwechsel in der Bundesliga funktionieren eben nicht auf Knopfdruck. Das Gegenbeispiel gab am zwölften Spieltag Markus Gisdol ab, der mit dem 1. FC Köln bei RB Leipzig mit der 1:4-Niederlage noch gut bedient war. Dessen Winkelzüge führten nur auf die nächsten Irrwege. Der 50-Jährige muss schnellstens eine Mannschaft finden, die zu seinen Vorgaben passt. Beierlorzer hingegen hatte kleine Handgriffe mit großer Wirkung vorgenommen. Eine Dreierkette half, den Defensivverbund zu stabilisieren. Weder Kapitän Danny Latza noch sein Stellvertreter Daniel Brosinski tauchten in der Startelf auf, weil beide in den krisenhaften Wochen viel zu viel mit sich selbst zu tun hatten. Die Binde trug dafür der junge Verteidiger Moussa Niakhaté, Führungskraft aus der frankophonen Fraktion, den das Mehr an Verantwortung zu beflügeln schien. Beierlorzer schaffte es, "Teamgedanke, Mut und Leidenschaft" (Schröder) zu beleben...
Analyse: Auswärtspleite in Leipzig Auf den 1. FC Köln wartet viel Arbeit
Nichts zu holen für den 1. FC Köln: Im Osten der Republik geht das Team von Markus Gisdol unter. Auf den neuen Trainer warten nun jede Menge Aufgaben. Vierte Niederlage in Folge für den 1. FC Köln: Im ersten Spiel unter dem neuen Trainer Markus Gisdol unterliegt die Mannschaft mit 1:4 gegen den Tabellenzweiten aus Leipzig. Nach dem eher unglücklichen Spielverlauf im letzten Heimspiel gegen Hoffenheim, bei dem erst in der Nachspielzeit ein Strafstoß die Pleite brachte, wurde im Osten der Republik deutlich, warum es der FC in dieser Verfassung sehr schwierig haben wird, die Klasse zu halten. Neu-Trainer Gisdol bot in seinem ersten Auftritt an der Seitenlinie eine 4-1-4-1-Grundordnung auf, in der Marco Höger als alleiniger Sechser den Zwischenraum von Mittelfeld und Abwehr besetzte. Der Plan des FC war klar erkennbar: Analog zu einem Pokalspiel formierte sich die Gastmannschaft sehr kompakt und tief, die beiden äußeren Mittelfeldspieler Ismail Jakobs und Kingsley Schindler waren stark in die Defensivarbeit eingebunden. Dementsprechend lang waren die Wege nach vorne im eigenen Ballbesitz, die gegenseitige Unterstützung mit mehreren Passoptionen war schwierig.
Im Aufbau versuchte Höger, zwischen den beiden Innenverteidigern die Ballzirkulation zu ermöglichen. Dadurch blieb der Sechserraum aber meistens verwaist, weil weder Ellyes Skhiri noch Birger Verstraete wussten, wie sie damit umzugehen hatten. Den Spielern war teilweise anzusehen, dass sie kaum Ideen hatten, wie sie das Leipziger Pressing überspielen sollten – meist war es der lange Ball auf Anthony Modeste oder einen der startenden Flügelspieler, doch weder Schindler noch Jakobs konnten ihr Tempo gewinnbringend einsetzen. Dayot Upamecano in der Leipziger Abwehr verteidigte Modestes Versuche meistens locker weg, Lukas Klostermann gewann die meisten Duelle gegen Jakobs. Die kommenden beiden Spiele gegen Augsburg und Union Berlin werden dann zu den ersten wirklichen Gradmessern für die neue sportliche Leitung. Vielleicht ist es von Vorteil, dass Gisdol und seinem Team nun eine ganze Trainingswoche zur Verfügung stehen, in denen an den Schwerpunkten gearbeitet werden muss. Da aber bis auf das klassische Herstellen von geringen Räumen keine wirkliche Idee vorliegt, wie man Gegentore effektiv verhindern möchte, dürfte es wohl noch dauern, bis sich der FC aus diesem Tief herausarbeitet. Bei den meisten Mannschaften, die im Abstiegskampf stecken, muss zunächst die Defensive stabilisiert werden – und dann muss man sich ja auch noch überlegen, wie vorne Tore erzielt werden sollen. In Leipzig war erkennbar, dass es an allem fehlt.
Innenverteidiger appelliert an die Kollegen Czichos fordert mehr Aktivität
Schon der erste Spieltag, an dem Markus Gisdol verantwortlich zeichnete für seine bedauernswert unterlegene Mannschaft, zeigte dem neuen Kölner Trainer, dass man sich besser nicht darauf verlässt, dass sich die anderen Kellerkinder in stiller Solidarität ebenfalls wehrlos ihre Klatschen abholen. Die Siege von Union Berlin, Mainz 05 und dem FC Augsburg bedeuteten zusätzliche Nackenschläge für die Geißböcke, zudem führte der SC Paderborn Borussia Dortmund eine Halbzeit lang vor und bot über weite Strecken einen Fußball, wie ihn der FC nicht zu leisten im Stande ist. Rafael Czichos - mittlerweile der einzige Feldspieler, der regelmäßig Normalform zeigt - fordert die Kollegen unverhohlen zu mehr Aktivität auf: "Wir waren zu lieb, nicht mutig genug." Zu ungenau in den Aktionen nach vorne und nicht fähig, die Lücken nach hinten zu schließen - so beschreibt der Innenverteidiger den Auftritt von Leipzig vor der Pause.
Was für ein Zeugnis von Czichos! Immerhin: Nach dem Wechsel sei es besser gelaufen: "Im zweiten Durchgang haben wir teilweise mutiger gespielt, sind dann auch gut rausgekommen." Was dann wieder fehlte: "Der letzte Pass kam nicht." Irgendwas ist immer beim 1. FC Köln im Herbst 2019 - zu selten etwas Gutes. Ein spezielles Problem dieses Kaders ist seine Beliebigkeit in Sachen Präsenz: Birger Verstraete, Sebastiaan Bornauw, Kingsley Ehizibue oder Ellyes Skhiri - sie alle sind in der Lage, Bundesliga zu spielen. Aber keiner von ihnen zeigt konstant Form und Leistung, keiner übernimmt Verantwortung, jeder agiert weit unter seinem Potenzial. In der Folge geht das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten verloren und selbst Gegner auf Augenhöhe mutieren zur unbezwingbaren Hürde - und dies vor den Spielen gegen die direkte Konkurrenz aus Augsburg und bei Union Berlin.
„Jedes Spiel wie das letzte angehen“ Trotz Krise: Coach Gisdol fordert Geduld
Die Abfuhr war mehr als deutlich und nach der schlimmen ersten Hälfte sogar schmeichelhaft: Der 1. FC Köln richtet sich nach dem 1:4 in Leipzig im Tabellenkeller ein. Statt Aufbruchsstimmung gibt es nach dem Debüt von Trainer Markus Gisdol und Sportchef Horst Heldt nur Durchhalte-Parolen. Dabei bleibt keine Zeit – in den nächsten beiden Spielen sind Punkte Pflicht! Heldt war nach seiner Premiere als FC-Boss ernüchtert. „Wir stehen nicht umsonst da unten. Der Gegner war nicht unsere Kragenweite.“ Wenn Leipzig aufs Tempo drückte, war ein Klassenunterschied zu sehen. Zwischenzeitlich drohte ein Debakel. Und so bereitet Trainer Gisdol die Anhängerschaft auf ganz schwere Wochen vor. „Das wird ein langer und steiniger Weg. Wir müssen uns Schritt für Schritt rausarbeiten.“ Das große Problem: Gisdol und der FC müssen schleunigst punkten! Einen Rumpelstart wie einst bei seiner HSV-Rettung, als Gisdol erst zwei Monate nach seinem Debüt der erste Sieg gelang, kann er sich beim FC nicht erlauben – auch wenn erst zwölf Spieltage rum sind. Die Situation ist prekär, die Geduld der Fans endlich.
Und mit dem Heimspiel gegen Augsburg (Samstag, 15.30 Uhr) und dem Auftritt bei den zu Hause bärenstarken Eisernen von Union Berlin (8. Dezember, 15.30 Uhr) warten zwei direkte Duelle auf den FC, in denen Niederlagen verboten sind – will man nicht ähnlich wie 2017 früh den Kontakt zum rettenden Ufer verlieren. „Wir dürfen nicht abreißen lassen“, mahnt Heldt. Gisdol dagegen will von Schicksalsspielen noch nichts wissen: „Wir müssen jedes Spiel spielen, als wenn es das letzte wäre – jedes einzelne Spiel. Die Spiele sind alle gleich wichtig.“ Vier Punkte gelten als Minimum in den Keller-Krimis, um sich eine vernünftige Ausgangssituation für den Jahres-Schlussspurt und die Rückrunde mit dem erneut schweren Startprogramm zu verschaffen. Kapitän Hector schlägt Alarm: „Wir wissen, dass wir Punkte brauchen.“ Für Gisdol hat die Leipzig-Klatsche sogar etwas Positives: „Auch wenn es sich blöd anhört: So eine klare Niederlage, wenn einem die Defizite deutlich aufgezeigt wurden, tut zwar weh, hilft aber in der Analyse. Die fällt dann deutlicher aus.“ Das muss sie auch!
Im Netz spotten die Fans: „Wir hätten besser das Team ausgetauscht.“ „Ein perfektes Beispiel dafür, dass nicht immer der Trainer am Misserfolg Schuld ist.“ Der Fußballgott meint es in diesen Tagen nicht gut mit dem FC. Neu-Trainer und Hoffnungsträger Markus Gisdol (40) vergeigt seinen Debüt in Leipzig (1:4) gnadenlos. Ex-Trainer Achim Beierlorzer siegt nach seinem Blitz-Wechsel mit Mainz in Hoffenheim 5:1 – und das sogar in Unterzahl. Da muss die Frage gestattet sein: War‘s falsch, Beierlorzer an einen Mit-Konkurrenten um den Klassenerhalt abzugeben? Köln hat eine Abfindung (rund 250 000 Euro) an Beierlorzer gezahlt, um die Sache schnell und möglichst billig zu beenden. Eine Klausel, gewisse Vereins-Wechsel auszuschließen, gab‘s nicht. Ohne Abfindung hätte der FC im besten Fall sogar Ablöse erzielen können.
Wirklich beantworten lässt sich die Frage nach nur einem Spiel natürlich nicht. Auffallend aber: Mainz zerriss sich für den neuen Trainer, kämpfte um jeden Zentimeter. Die Kölner dagegen ergaben sich in Leipzig ihrem Schicksal. Ist der Gisdol-Effekt schon verpufft – ehe er überhaupt stattgefunden hat? Sport-Boss Horst Heldt: „Ich glaube nicht, dass die Niederlage den Trainer belastet. Das einzelne Spiel zählt nicht, wir müssen die Situation auf Strecke sehen.“ Und da ist jetzt vor allem die Mannschaft gefragt, endlich mal zurückzuzahlen. Denn nur an den Trainern allein hat‘s in der Vergangenheit sicherlich nicht gelegen.
„Sieg Heil“? Der Fußball atmet nur kurz durch und macht weiter
Marco van Basten war als Fußballer ein Superstar. Abseits des Platzes hat er sich am Wochenende als TV-Experte ein Foulspiel geleistet, das nun für viel Aufregung sorgt und eigentlich Konsequenzen nach sich ziehen müsste. Doch schon sehr bald dürfte das „Sieg Heil“ van Bastens wieder vergessen sein. Wie so vieles, wenn es um den Fußball geht. Denn schnelles Vergessen gehört zum Geschäft. Es gehört schon eine gehörige Portion – ja, von was eigentlich genau? – dazu, wenn ein TV-Experte vor einem vielbeachteten Fußballspiel, das im Zeichen des Kampfes gegen Rassismus steht, einem deutschen Trainer die Worte „Sieg Heil“ nachruft. So geschehen bei der Liveübertragung des Spiels zwischen Ajax Amsterdam und Heracles Almelo. Moderator Hans Kraay hatte gerade den deutschen Heracles-Trainer Frank Wormuth interviewt, als Marco van Basten aus dem TV-Studio „Sieg Heil“ ins Mikrofon blökte.
Hinterher erklärte van Basten, es nicht so gemeint zu haben, er habe einen „missratenen Witz“ gemacht und sich über die deutschen Sprachkenntnisse des Moderators lustig machen wollen. Das sei „deplatziert“ gewesen. Was an einem in diversen Ländern verbotenen Ausruf hätte witzig sein können, noch dazu in einer gesellschaftlichen Phase des zunehmenden Rechtsextremismus, verriet van Basten nicht. Auch nicht, ob ihm bewusst ist, dass er damit eine Schweigeminute konterkariert hatte, über die eigentlich hätte gesprochen werden sollen: eine Schweigeminute zu Beginn aller Spiele in den beiden höchsten Fußballligen in den Niederlanden, um ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Ein Zeichen, das dringend nötig ist, nicht nur in den Niederlanden, wo am Wochenende zuvor ein Spiel wegen Rassismus zwischenzeitlich unterbrochen worden war. Fast schon wöchentlich wird inzwischen über rassistische Ausfälle von Zuschauern gegenüber Spielern berichtet. Da wäre die Botschaft, die an diesem Wochenende auf allen Videoleinwänden gezeigt wurde, wichtig gewesen: „Rassismus? Dann spielen wir nicht!“ Der Ausruf „Sieg Heil“ müsste nun eigentlich zur Entlassung van Bastens als TV-Experte führen. Das zumindest wäre der normale Weg in einer geregelten Welt, in der Menschen für ihre Taten gerade stehen müssen. Ob dies noch kommt, bleibt aber abzuwarten. Bislang hat der Sender Fox Sports keine Konsequenzen gezogen.
Es war ein Spieltag wie ein Schlag ins Gesicht jedes FC-Fans: Während die Konkurrenz mutig und couragiert gegen das Abstiegs-Schicksal kämpft, lässt sich der 1. FC Köln in Leipzig abschlachten. Kein Mut, keine Leidenschaft, kein Wille, der Doppelwechsel an der sportlichen Spitze droht zu verpuffen. Advents-Alarm! Wer nach dem seelenlosen Auftritt beim Brauseklub aus Leipzig noch nicht völlig konsterniert war, der rang spätestens 24 Stunden später um Fassung. Denn am Sonntag gewann der nächste Gegner Augsburg erst 4:0 gegen jene Hertha, gegen die der FC zu Hause chancenlos war. Und dann feierte Ex-Coach Achim Beierlorzer beim 5:1 in Hoffenheim trotz 45 Minuten Unterzahl einen Traumeinstand in Mainz (hier mehr lesen). Freitags hatte schon der SC Paderborn gezeigt, wie man mit Mut und einem Konzept ein Spitzenteam wie Borussia Dortmund an den Rand einer Niederlage bringt. Samstag schlug dann Mit-Aufsteiger Union Berlin zu Hause mit Tabellenführer Mönchengladbach schon das zweite Liga-Schwergewicht nach dem BVB und hat neun Punkte mehr als der FC auf dem Konto.
Statt Aufbruch herrscht rund ums Geißbockheim Endzeitstimmung. Der neue Trainer Markus Gisdol mahnt zur Geduld, weiß aber auch schon nach rund einer Woche beim FC: „Das wird ein steiniger Weg.“ Denn schon die Partie am Samstag (15.30 Uhr) gegen Augsburg wird zum ersten Endspiel. Und es gibt kaum etwas, das Hoffnung macht. Eine fehlerhafte Defensive, ein Offensivspiel ohne jede Struktur und diverse Führungsspieler, an denen jede Kritik abprallt und die jegliche Selbstreflexion vermissen lassen. Dazu kommt der wachsende Druck. „Wir dürfen nicht abreißen lassen“, fordert der neue Sportchef Horst Heldt. Doch genau das droht jetzt. Heldt dürfte langsam klar werden, welchen Trümmerhaufen sein Freund Armin Veh ihm hier hinterlassen hat. Besserung? Nicht in Sicht!
Die finanziellen Reserven sind aufgebraucht, das einstige Kader-Gold (Córdoba, Meré) hat momentan nur noch Blech-Wert und ein Umbruch wird angesichts der langfristigen Verträge kaum möglich sein. Schon vor der Saison warnte Marco Höger: „Mit der Burnout-Stimmung wird es schwer“ – jetzt ist er da, der Herbst-Blues. Da sich das Spieler-Material nicht ändern wird, muss man andere Wege finden, die Depression zu überwinden. Alles Kopfsache? Präsident Werner Wolf bringt daher einen Team-Psychologen ins Spiel: „Das ist unabdingbar, das muss Standard sein. Warum wir es im Profibereich nicht haben, kann ich mir nicht erklären. Aber wir werden das jetzt ändern." Wenn ich mir überlege, was die Spieler da manchmal aushalten müssen, brauchen sie diese Unterstützung. Jeder, der so unter Druck steht, kann das gebrauchen.“ Einen Versuch wäre es allemal wert. Jetzt ist jedes Mittel recht, um den Super-GAU zu verhindern. Denn ein neuerlicher Abstieg könnte den FC endgültig aus der Bahn werfen.
Fitnessproblem beim 1. FC Köln? Nur eine Mannschaft läuft noch weniger als der FC
Im Sommer galt Jorge Meré als Teil des Kölner Tafelsilbers. Der Verteidiger nahm mit Spanien an der U-21-Europameisterschaft in Italien und San Marino teil und galt anschließend sogar als Kandidat für einen Vereinswechsel, obwohl seine Ablöse auf 30 Millionen Euro festgeschrieben ist.
Heldt überzeugt: Trainerwechsel wird sich bald auszahlen
Wie ein Trainerwechsel funktionieren kann, hat am Wochenende ausgerechnet der 1. FSV Mainz 05 gezeigt. Mit Achim Beierlorzer gewannen die 05er bei 1899 Hoffenheim sage und schreibe mit 5:1. Derweil ging der 1. FC Köln mit Markus Gisdol mit 1:4 bei RB Leipzig baden. Haben die Kölner damit die Wirkung des Trainerwechsels riskiert? Auch, weil Markus Gisdol den nun nötigen Punkteschnitt schon mehrfach erreicht hat. Ist nun schon der Effekt des Trainerwechsels verwirkt? Nein, glaubt Sportchef Horst Heldt. „Ich sehe es nicht so, dass das Spiel eine Belastung für den neuen Trainer war. Eher ist es so, dass jeder Tag Gold wert ist. Wenn man einen Trainer wechseln will, sollte man das auch durchziehen“, sagte der 49-Jährige. Andernfalls hätte die Mannschaft nur eine weitere Ausrede gehabt, um in Leipzig nicht alles abzurufen. Freilich taten die Spieler dies auch nicht unter dem neuen Übungsleiter, weshalb die kommenden Tage und die erste Reaktion des neuen Trainerteams auf die enttäuschende Vorstellung in Leipzig mit Spannung erwartet wird. „Wir müssen den Trainerwechsel auf Strecke sehen“, sagte Heldt.
Beim 1. FC Köln hat die Mathematik auch schon Einzug gehalten. Mit sieben Punkten aus zwölf Spielen haben die Geissböcke bereits vier Punkte Rückstand auf das rettende Ufer und müssen damit fürchten, den Anschluss an die Nicht-Abstiegsplätze zu verlieren. Doch „auf Strecke“, wie Heldt sagte, bleiben den Kölnern noch 22 Spieltage zur Rettung. 33 Zähler wären zur magischen 40-Punkte-Grenze in diesen Partien nötig und damit ein Punkteschnitt von 1,5 Zählern pro Spiel. Diesen Schnitt erreichte Gisdol damals während der Aufholjagd mit dem HSV und auch in den zwei erfolgreichen Jahren mit Hoffenheim, ehe er jeweils entlassen wurde. In den guten Zeiten mit seinen Teams war Gisdol also stets so erfolgreich, wie der 1. FC Köln es nun bis zum Saisonende wird sein müssen. Sollte ihm dies mit den Geissböcken ebenfalls gelingen, hätte sich der Trainerwechsel ausgezahlt – das Spiel in Leipzig wäre dann nur noch eine Randnotiz.
Nach Mega-Bock von Hector Heldt: „Jonas wird das wegstecken“
Mit seinem Patzer nahm das FC-Unheil seinen Lauf: Kapitän Jonas Hector ließ sich von Christopher Nkunku den Ball abluchsen – der Weg zu Leipzigs 1:0 war frei. Hector sprach von einem „Bärendienst für die Mannschaft“ und entschuldigte sich bei seinen Mitspielern. Die FC-Verantwortlichen sind sich aber sicher, dass sie den Nationalspieler – der eigentlich mit viel Schwung von Jogi ans Geißbockheim zurückgekehrt war – nicht aufrichten müssen. Trainer Markus Gisdol: „Mit Jonas braucht man nicht viel sprechen. Er weiß sofort, wenn er einen Fehler gemacht hat.“ Sportchef Horst Heldt sagt: „Jonas ist ein exzellenter Spieler und ganz wichtig für uns. Fehler passieren. Jonas wird das wegstecken.“ Hector war auch nicht der einzige Kölner, dem in der Defensive ein Mega-Bock unterlief – Kingsley Ehizibue langte im Strafraum mal wieder zu ungestüm hin und verursachte den Elfmeter zum 2:0. Gisdol erklärt: „Individuelle Fehler abzustellen, ist oftmals nicht der erste Schritt der Herangehensweise. Wir müssen schauen, dass wir als Mannschaft im taktischen Verhalten die ersten Schritte machen.“
Darum ist die Köln-Rettung Gisdols schwerster Job!
Hat Markus Gisdol einen Unlösbar-Job übernommen? Ab heute muss Kölns neuer Hoffnungsträger seine Trümmer-Truppe nach der Leipzig-Pleite (1:4) in die Spur bringen.„Wir müssen uns Schritt für Schritt herausarbeiten. Das geht nicht mit Ergebnis-Druck, sondern wir müssen uns fußballerisch entwickeln“, sagt Gisdol und fordert damit indirekt Zeit ein. Aber genau die bleibt ihm kaum. Spätestens nach der verhagelten Trainer-Premiere in Leipzig hat Gisdol ab sofort maximalen Ergebnis-Druck. Darum ist die Köln-Rettung Gisdols schwerster Job: Die Konkurrenz um die Nicht-Abstiegsplätze wirkt gefestigter als der FC (17./7 Punkte): Mainz (13./12), Augsburg (12./13) und Union Berlin (11./16) haben am Wochenende gewonnen und sind weiter davon gezogen. Auch Werder (14./11), Hertha (15./11) und Fortuna (16./11) sind schon je vier Zähler weg. Sogar der Liga-Letzte Paderborn schafft ein umjubeltes Unentschieden beim BVB (3:3).
Dazu hat der FC jetzt zwei Abstiegs-Kracher vor der Brust: Samstag gegen Augsburg, danach geht‘s zu Union. Damit der Abstand nicht noch größer wird, müssen eigentlich gleich zwei Siege her – mindestens aber vier Punkte. Denn bis Weihnachten kommen noch Leverkusen und Werder – und der FC muss noch nach Frankfurt. Gisdols größtes Problem ist seine klinisch tote Mannschaft: Das Team steht vorm K.o., hat keine echten Führungsspieler, leistet kaum Gegenwehr und ergibt sich erschreckend harmlos wie in Leipzig. Gisdol: „So eine deutliche Niederlage hilft in der Analyse, weil die Schwächen offensichtlich werden.“ Der Trainer wurde bei seiner Vorstellung als großer Retter verkauft. Lizenzspielleiter Frank Aehlig (51): „Markus ist ein erfahrener Trainer und hat bei seinen bisherigen Stationen bewiesen, dass er einer Mannschaft in einer solchen Situation helfen und die richtigen Impulse setzen kann.“ Köln wird für Gisdol zur Mammut-Aufgabe. Auch, weil kaum Geld für Winter-Transfers vorhanden ist und im Klub wegen der vielen Gremien und Frust-Fans weiterhin permanente Unruhe herrscht.
Statistik verrät: So schwach ist die FC-Offensive wirklich
Die Mängelliste beim 1. FC Köln ist lang: Fitness, Laufbereitschaft, Zweikampfhärte, defensive Stabilität, Spielaufbau, Chancenverwertung. Man kann sie wohl noch weiter fortsetzen. Eine Statistik jedoch ist besonders alarmierend: Die Geissböcke haben nicht nur die schwächste Offensive der Liga. Sie haben von ihren elf erzielten Toren gerade einmal vier Treffer herausgespielt. In zwölf Partien. Man erinnert sich noch an die Worte von Ex-Sportchef Armin Veh: „Die halbe Liga hätte gerne drei Angreifer wie wir“, hatte der inzwischen geschasste Geschäftsführer Sport in der Vorbereitung getönt und damit auf Jhon Cordoba, Anthony Modeste und Simon Terodde verwiesen. Stolz war man beim FC gewesen, dieses Trio für die Bundesliga in seinen Reihen zu haben. Und wohl zu sicher, dass die drei Angreifer die Dinge in der Offensive schon richten würden. Doch ganz offensichtlich war man beim FC zu blauäugig. Denn man braucht nicht nur Angreifer, die in der Lage sind, Torchancen zu verwerten. Man braucht zunächst vor allem spielerische Lösungen, um sich Torchancen herauszuspielen. Doch gerade in dieser Kategorie sind die Geissböcke in dieser Saison bislang ein klarer Absteiger.
Erst wenn man die mageren elf bislang erzielten Tore der Geissböcke aufschlüsselt, wird das ganze Ausmaß der Kölner Lage offensichtlich. Mit fünf von elf Treffern nach Eckbällen haben sich die Kölner zwar einen starken Ruf nach Standards erarbeitet und machen auf diese Weise fast die Hälfte aller ihrer Tore nach ruhenden Bällen. Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Nur sechs (!) Kölner Tore fielen in zwölf Partien aus dem Spiel heraus. Und noch viel schlimmer – wirklich herausgespielt waren davon nur vier. Vier herausgespielte Tore in zwölf Spielen – wer wissen will, warum der 1. FC Köln in dieser Saison bislang tief im Tabellenkeller steckt, der findet in dieser Statistik die Antwort. Markus Gisdol wird nicht nur das Kölner Scheunentor in der Defensive (27 Gegentore) schnellstmöglich schließen, sondern auch den Spielaufbau verbessern müssen. Cordoba, Modeste und Terodde mögen ein für einen Aufsteiger außergewöhnlich gutes Sturmtrio sein. Aber nur dann, wenn sie sich selbst in die richtigen Positionen für Torabschlüsse bringen können und dann auch entsprechend bedient werden.
Marco Streller war beim 1. FC Köln ein Thema als Sportchef
Der frühere FCB-Torjäger- und Sportchef Marco Streller war zuletzt offenbar ein konkretes Thema beim 1. FC Köln. Dort kam es bekanntlich vor zweieinhalb Wochen zum grossen Knall mit den Trennungen von Geschäftsführer Armin Veh und Trainer Achim Beierlorzer. Inzwischen haben Horst Heldt als neuer Sportchef und Markus Gisdol als neuer Trainer übernommen. Für den Job von Heldt war auch Marco Streller im Gespräch. Nach Angagben der “Sportbild” stand der 38-Jährige auf einer Liste von Kandidaten, die eine Schweizer Personalberatungs-Agentur dem Bundesligist vorschlug. Daneben waren auch die Namen Erik Stoffelshaus und eben Horst Heldt zu finden. Vom “Blick” befragt, gibt sich Streller zum angeblichen Interesse des Bundesliga-Klubs zugeknöpft: “Das kann und will ich nicht kommentieren.” Angeblich wurde zuvor auch YB-Sportchef Christoph Spycher angefragt, er habe allerdings abgelehnt.
Katterbach ist zurück Meré muss sich weiter gedulden
Der 1. FC Köln kann darauf hoffen, Noah Katterbach am kommenden Wochenende wieder einsetzen zu können. Der Linksverteidiger meldete sich am Dienstag nach seinem Muskelfaserriss im Mannschaftstraining zurück. Derweil muss Jorge Meré weiterhin passen. Auch deswegen trainierten am Dienstag zwei U19-Talente bei der Mannschaft von Markus Gisdol mit. Katterbach hatte sich im Auswärtsspiel bei Fortuna Düsseldorf bereits nach drei Minuten am Oberschenkel verletzt und war seitdem ausgefallen. Am Dienstag konnte der 18-Jährige allerdings erstmals wieder mit seinem Teamkollegen trainieren und sich somit erstmals auch dem neuen Trainer Markus Gisdol präsentieren. Katterbach und seine Abwehrkollegen wurden denn auch sofort ins Defensivtraining genommen. Mit zwei Viererketten machte sich Gisdol persönlich über eine halbe Stunde lang daran, das Verschieben zu trainieren, während die restlichen Teamkollegen am Torschuss feilten.
Neue Gesichter im FC-Training: In dieser Woche sind Sebastian Müller und Robert Voloder aus der U19 bei den Profis dabei, trafen dabei auf Noah Katterbach, der nach überstandener Muskelverletzung wieder in den Kader zurückkehrte. Innenverteidiger Voloder hörte aufmerksam zu, als Neu-Coach Markus Gisdol seinen Abwehrspielern das Einmaleins des Verteidigens in der Viererkette erklärte. Stürmer Müller übte sich mit den anderen Offensivspielern im Toreschießen. Im Gegensatz zu den Modeste, Terodde & Co. gelang ihm das gut – solange keine Gegner im Spiel waren.
Das fordert Marco Höger im Kampf gegen den Abstieg
Marco Höger hat es vor zwei Jahren hautnah miterlebt, wie der 1. FC Köln immer tiefer in den Schlamassel geriet. Nach zwölf Spieltagen war seine Mannschaft damals zwar schon abgeschlagener als heute, doch auch die aktuelle Situation ist absolut brenzlig, wie der defensive Mittelfeldspieler am Dienstag betonte: „Bei uns allen ist in den Köpfen fest verankert, dass es jetzt einzig um den Klassenerhalt geht und nicht um mehr, was der eine oder andere vor der Saison vielleicht gedacht hat. Wenn unsere Konkurrenten weiter punkten und wir dies nicht tun, dann wird es immer schwerer.“ Dass sein Team nicht vor Selbstvertrauen strotze, sei offensichtlich. Zwar seien einige Spieler schon 2017/18 dabei gewesen, dennoch habe der FC jetzt auch einige junge, unerfahrene Spieler. Deshalb forderte der Vize-Kapitän: „Gerade wir älteren Spieler müssen mehr vorangehen. Wir stehen in der Pflicht und müssen die jüngeren Spieler an die Hand nehmen. Da beziehe ich mich mit ein.“
Unter Ex-Trainer Achim Beierlorzer hatte der 30-Jährige einen schweren Stand, kam in fünf Spielen nicht zum Einsatz. Beim Debüt des neuen Coaches Markus Gisdol, den er wie den neuen Sportchef Horst Heldt aus gemeinsamen Schalker Zeiten kennt, stand der 30-Jährige wieder in der Startelf. Doch beim 1:4 in Leipzig ging auch Höger mit seinen Teamkollegen unter. Dass er mit Gisdol und Heldt schon zusammengearbeitet hat, habe aber keinen Einfluss auf seine Spielzeit. Die müsse er sich schon ganz alleine durch Leistung verdienen, so Höger. Der Trainer versuche jetzt, die Mannschaft kompakter einzustellen. „Wir wollen im Mittelfeld eine Kampfzone haben. Wir müssen unangenehmer sein als zuletzt, dem Gegner weh tun.“
Horst Heldt: „Wir müssen den Boden unter den Füßen finden“
Wenn der Traumjob zur Mammutaufgabe wird: Horst Heldt wollte schon lange zurück zu seinem ersten Profiklub, doch nun als Sportchef muss er den 1. FC Köln aus der sportlichen Megakrise führen. Beim Interview fordert er Geduld: „Wir müssen erst einmal Boden unter den Füßen finden!“ An der Rettung hat er aber keinen Zweifel. Wie viel Optimismus muss man für Ihren Job beim 1. FC Köln mitbringen? Insbesondere auch nach dem vergangenen Spieltag, der alles andere als gut für den FC verlief? Horst Heldt: "Sagen wir mal so: Er verlief suboptimal für uns, um es freundlich zu beschreiben. Insgesamt ist die Situation kritisch. Ich bin zwar erst eine kurze Zeit wieder beim FC, aber nach meinen ersten Eindrücken habe ich das Gefühl, dass das noch nicht jeder in Köln verstanden hat. Das beinhaltet nicht automatisch, dass man Panik verbreiten muss. Aber keiner hat doch Lust, noch einmal durch die Zweite Liga zu tingeln. Das gilt es mit aller Macht zu verhindern. Und ich bin davon überzeugt, dass wir unser Ziel, den Klassenerhalt erreichen können. Wir haben auch Nachteile, aber der FC hat vor allem Vorteile gegenüber der Konkurrenz. Und wenn wir diese Vorteile bündeln, dann werden wir das schaffen.
Ist die Situation mit „kritisch“ nicht zu harmlos formuliert? Heldt: "Das kurzfristige Ziel bis zur Winterpause ist es, noch so viele Punkte wie nur möglich zu holen. Dann muss man einen Strich ziehen. Manche meinen, dass die kommenden Aufgaben Augsburg und Union Berlin schon zwei Endspiele für uns sind, die wir nicht verlieren dürfen. Diese Gefühlswelt kann ich nachvollziehen, aber auch nach diesen zwei Spielen geht die Saison für uns weiter. Es sind extrem wichtige Spiele gegen direkte Konkurrenten, aber auch dann ist noch nicht einmal die Hälfte der Saison absolviert. Entscheidend wird sein, dass wir schnell den Boden finden, stabiler werden und nicht weiter fallen. Wir müssen Nackenschläge, sofern sie kommen sollten, besser wegstecken und dürfen nicht abreißen lassen." Haben Sie sich dann auch mal bei Armin Veh beschwert, was für einen Trümmerhaufen er ihnen in Köln hinterlassen hat? Heldt: (lacht). "Nein, erstens ist das kein Trümmerhaufen. Zweitens habe ich keinen Grund, mich zu beschweren, sondern bin dankbar, dass ich für den FC arbeite. Drittens bin ich genauso überzeugt davon, dass es ein guter Kader ist. Das Problem ist: In dieser Form ist der Kader nicht auf Abstiegskampf ausgerichtet. Aber wie auch? Man macht sich vor jeder Saison Gedanken, wo man mit dem Verein hin will und plant den Kader entsprechend. Er ist gespickt mit Spielern, die viel Qualität haben, aber vielleicht auch noch Zeit benötigen."
Höger über Beierlorzer „Die Zeit ist jetzt vorbei“
Marco Höger scheint zu jenen Spielern zu gehören, die über den Trainerwechsel beim 1. FC Köln nicht böse sind. Der Routinier gab am Dienstag zu, unter Achim Beierlorzer nicht die Rolle gespielt zu haben, die er sich gewünscht hätte. Ob sich dies unter Markus Gisdol trotz seines Startelf-Einsatzes in Leipzig wirklich ändern wird, muss sich aber erst noch zeigen. Höger über die aktuelle Situation und Parallelen zu 2017: „Wenn unsere Konkurrenten punkten und wir nicht, wird es immer schwerer. Das hatten wir vor zwei Jahren schon. Einige von uns kennen das schon und können deshalb mit der Situation umgehen. Wir haben mehr Punkte als letzte Saison zu diesem Zeitpunkt. Damals ist länger gewartet worden, um frischen Wind hereinzubringen. Jetzt versuchen die Verantwortlichen wieder etwas Euphorie zu entfachen. Wir müssen jetzt wieder mehr Tuchfühlung zu den anderen Teams bekommen.“ Und über das neue Trainerteam sagte er: „Bisher machen alle einen guten Eindruck. Der Trainer versucht uns jetzt kompakt einzurichten, wir müssen eine Kampfzone in unserer eigenen Hälfte haben. Das haben wir bislang selten oder gar nicht geschafft. Wir müssen unserem Gegner weh tun. Jeder muss merken, dass wenig bei uns zu holen ist.“
Zur Tauglichkeit des Kaders im Abstiegskampf meinte Höger: „Dass wir nicht vor Selbstvertrauen strotzen, kann sich jeder vorstellen. Wir haben viele junge Spieler in unserer Reihen, die ihr erstes Bundesliga-Jahr spielen. Im Umfeld wurde die Erwartungshaltung vor der Saison nach oben gepusht. Damit umzugehen ist nicht einfach. Wir ältere Spieler, die schon mehr auf dem Kerbholz haben, müssen uns da mehr in die Pflicht nehmen. Das haben wir auch noch nicht geschafft.“ Und zur Entlassung von Achim Beierlorzer: „Bei mir ist es das zwölfte Profijahr und ich hatte gefühlt 14 Trainer. Wenn du bei Vereinen wie Schalke oder Köln spielst, weißt du, dass der Trainer auch mal schneller weg sein kann. Unter manchen Trainer ist man wichtig, unter anderen nicht. Ich habe unter Achim Beierlorzer eine kleinere Rolle gespielt, als ich es mir gewünscht hätte. Die Zeit ist aber jetzt vorbei. Ich kenne Markus und Horst und wir haben gemeinsam erfolgreich auf Schalke gearbeitet. Das heißt aber nicht, dass das jetzt automatisch wieder so sein wird. Das muss ich mir auch erst wieder erarbeiten.“
Der "fliegende" Wechsel von Achim Beierlorzer in der Fußball-Bundesliga vom 1. FC Köln zum FSV Mainz 05 hat eine Debatte über eine temporäre Wechselsperre von Trainern nach Entlassungen ausgelöst. "Ich würde sicherlich nicht sagen: 'Das geht nicht, das ist unsinnig'", sagte Präsident Lutz Hangartner vom Bund Deutscher Fußball-Lehrer (BDFL) der "Sport Bild": "So ein Bäumchen-wechsel-dich-Spiel halte ich für nicht gut." Beierlorzer hatte nur neun Tage nach seiner Entlassung in Köln beim Ligarivalen aus Mainz angeheuert. Diese kurze Zeitspanne sei "schon relativ krass", meinte Hangartner: "Es gibt sicherlich Gründe, die dagegen sprechen, dass so etwas stattfindet." Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga (DFL) sehen jedoch keinen Grund für eine zeitlich begrenzte Wechselsperre von Trainern. Daniel Niedzkowski, Leiter der Fußball-Lehrer-Ausbildung im DFB, fände es "extrem problematisch, Trainern grundsätzlich die Chance zu verbauen, an anderer Stelle schnell wieder einzusteigen." Laut DFL-Direktor Ansgar Schwenken sprächen neben sportlichen Erwägungen auch arbeitsrechtliche Aspekte "gegen mögliche Einschränkungen".
1. FC Köln hat offenbar kein Geld für Winter-Transfers
Trotz der anhaltenden Talfahrt in der Bundesliga wird der 1. FC Köln im Winter keine großen Sprünge auf dem Transfermarkt machen können. Wie "Sport Bild" berichtet, steht dem neuen Kölner Sportchef Horst Heldt kein Geld für Neuzugänge zur Verfügung. Im Sommer durfte Heldts Vorgänger Armin Veh noch 18 Millionen Euro für Transfers ausgeben. Eine schlagkräftige Truppe steht beim Aufsteiger trotz dieser Investitionen aktuell nicht auf dem Platz. Köln kassierte zuletzt vier Pleiten in Folge, ist mit lediglich sieben Punkten aus zwölf Spielen nur Tabellen-17. "Insgesamt ist die Situation kritisch. Ich bin zwar erst eine kurze Zeit wieder beim FC, aber nach meinen ersten Eindrücken habe ich das Gefühl, dass das noch nicht jeder in Köln verstanden hat", sagte Heldt gegenüber dem "Express". Den erneuten Abstieg gelte es "aller Macht zu verhindern", forderte der frühere Manager von Hannover 96, FC Schalke 04 und VfB Stuttgart.
Nach Trainerwechsel Wie mächtig ist der Mannschaftsrat?
Horst Heldt und Markus Gisdol haben sich in ihren ersten acht Tagen beim 1. FC Köln bemüht, viele Gespräche zu führen. Mit den Mitarbeitern an der Geschäftsstelle, vor allem aber mit den FC-Profis. Dabei betonte das neue Duo, einen besonders guten Austausch mit dem Mannschaftsrat gehabt zu haben. Die Folge sah man am vergangenen Samstag in Leipzig in der Startelf. Wie mächtig ist das Spielergremium nach dem Trainerwechsel beim FC wirklich? Als Achim Beierlorzer am Ende der Sommer-Vorbereitung den Mannschaftsrat bekannt gab, fiel besonders eine Personalie auf: Rafael Czichos war aus dem Spielerrat herausgewählt worden. Für ihn wurde Anthony Modeste bestimmt. Neben Modeste gehören in dieser Saison dem Mannschaftsrat an: Kapitän Jonas Hector, Vize-Kapitän Marco Höger sowie die Torhüter Timo Horn und Thomas Kessler. Auffällig: Alle Mitglieder des Mannschaftsrates gehören zur „alten Garde“ jener Spieler aus der Zeit vor Beginn des Absturzes aus Europa in die Zweite Liga und zurück in die Bundesliga.
Inzwischen gilt diese Besetzung intern beim FC als großes Problem: Die neuen Spieler, die seit 2017/18 zum FC kamen und die deutliche Mehrheit in der Mannschaft bilden, fühlen sich nur noch bedingt vertreten von ihrem Spielergremium. Immer offener treten die Gräben zwischen den einzelnen Gruppen im Team zu Tage. Dass sich andere Kandidaten im Sommer bei der Wahl nicht durchsetzen konnten, wie beispielsweise Rafael Czichos oder Simon Terodde, zeigt das noch immer vorherrschende Machtverhältnis in der Mannschaft: Die einst erfolgreichen FC-Profis geben den Ton in der Kabine vor. Nachdem Markus Gisdol und Horst Heldt in der vergangenen Woche von guten Gesprächen mit dem Mannschaftsrat sprachen, wurde dies am Samstag in Leipzig auch auf dem Platz deutlich: Neben Horn und Hector standen auch Höger und Modeste in der Startelf, später wurde zudem Marcel Risse eingewechselt, bekanntlich ebenfalls ein langjähriger und verdienter FC-Profi. Spieler wie Louis Schaub, Dominick Drexler oder Jhon Cordoba kamen in Leipzig gar nicht zum Einsatz, Terodde wurde erst spät eingewechselt. Am Dienstag deutete Höger nun an, vom Trainerwechsel zunächst einmal profitiert zu haben...