DFL stellt Spielbetrieb der Bundesliga vorerst ein
16.30 Uhr: Die Fußball-Bundesliga hat den Spielbetrieb wegen der Coronavirus-Pandemie nun doch sofort unterbrochen und wird an diesem Wochenende nicht mehr spielen. Dies teilte die DFL am Freitagnachmittag mit. „Angesichts der Dynamik des heutigen Tages“ habe man beschlossen, „den ursprünglich heute beginnenden 26. Spieltag in beiden Ligen zu verlegen“. Am Vormittag hatte es zunächst geheißen, man werde den Spielbetrieb ab kommendem Dienstag bis zum 2. April unterbrechen. Bei dieser Unterbrechung soll es zunächst auch bleiben, allerdings schon ab heute.
Die Fußballbranche in der Corona-Krise: Entkoppelt von der Realität Alleine die Ereignisse an einem Tag zeigen auf, worum es der DFL und Co. geht – in Zeiten von Corona und auch sonst. Der professionelle Fußballbetrieb ist von der Realität meilenweit entfernt.
Wegen der Corona-Pandemie werden im europäischen Ausland flächendeckend Sportveranstaltungen abgesagt, weil sie eben nicht zu den notwendigen Dingen gehören, die das Funktionieren einer Gesellschaft ausmachen. Kitas, Kindergärten, Schulen, Universitäten schließen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Millionen Menschen sind davon betroffen, dass ab Montag Kinder betreut werden, kranke Menschen weiterhin gepflegt und versorgt werden müssen, das öffentliche Leben weitestgehend zum Erliegen kommt. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach am Donnerstagabend davon, soziale Kontakte zu vermeiden, zudem sieht sie eine der größten Bewährungsproben für das Land seit langer Zeit. Damit ist nur ganz kurz umschrieben, welche gesellschaftliche Dimension die derzeitige Lage angenommen hat. Einzig und allein die Bundesliga weigerte sich lange Zeit, das anzuerkennen.
Für die meisten erschien es eigentlich nur logisch, dass auch der deutsche Fußball seinen Spielbetrieb einstellt. Dass es bei den Funktionären einen Moment länger dauerte, diesen Gedanken überhaupt zuzulassen, zeigten die Ereignisse der vergangenen Tage, in denen mehrere Verantwortungsträger eine Unterbrechung oder gar einen Abbruch der Fußballsaison erst als illusorisch bezeichneten, dann aber nach und nach realisierten, dass die dynamische Nachrichtenlage ihre Einschätzung beeinflusste.
Von der Dynamik der Lage überholt In der kommenden Woche finden keine Spiele mehr in der Champions League statt, auch die Europa League ruht. In Italien ist das ganze öffentliche Leben zum Erliegen gekommen, was natürlich auch die Serie A betrifft. Dasselbe gilt für Spaniens La Liga, seit Freitag auch für die Ligue 1 in Frankreich und die Premier League in England. Auch der Vorstand der DFL entwickelte bei einer Sitzung am Freitag einen Vorschlag, den Spielbetrieb bis zum 2. April auszusetzen – nicht aber ohne darauf hinzuweisen, dass der 26. Spieltag noch durchgezogen werden müsse, erst bei einer Sitzung am Dienstag hätte final entschieden werden sollen. Die Dynamik der Lage überholte die DFL dann aber, sodass sie sich am Nachmittag dazu gezwungen sah, doch die Verlegung des 26. Spieltags zu verkünden – dieser hätte eigentlich am Freitagabend mit der Partie zwischen Düsseldorf und Paderborn begonnen.
In der Zwischenzeit hatte sich mit Karl-Heinz Rummenigge der selbsternannte Spiritus Rector des deutschen Fußballs hervorgetan, dem einfachen Pöbel die Lage zu erklären. „Es geht am Ende des Tages um Finanzen und um eine hohe Zahlung der TV-Broadcaster an die Vereine, die noch aussteht“, lautete seine Erklärung für den Beschluss des DFL-Vorstands, den 26. Spieltag dann doch noch irgendwie durchzuziehen. Bereits vor einigen Tagen hatte sich KHR in der Debatte über die Beleidigungen gegen Dietmar Hopp als gutes Gewissen und moralische Instanz des deutschen Fußballs inszeniert, die Banner gegen den Milliardär brachten den einstigen Weltklassestürmer dazu, einen „schwarzen Tag für den Fußball“ herbeizufaseln.
Geisterspiele als Option: Rechteinhaber dürfen Interessen wahren Wenige Tage später erläuterte er dann in einem BWL-Grundkurs, warum das DFL-Gremium den 26. Spieltag nicht doch schon eher abgesagt hatte, natürlich ging es dabei ums Geld: „Wenn diese Zahlung ausbleiben würde, würden viele Verein finanzielle Probleme kriegen. Deshalb halte ich es für richtig, dass der Spieltag unter diesen Voraussetzungen stattfindet.“ Die Form sah daher für dieses Wochenende vor, dass die verbliebenen Spiele (die Partie zwischen Bremen und Leverkusen war durch den Stadtstaat bereits abgesagt worden) ohne Publikum stattfinden würden – bereits ein ziemlich harter Einschnitt für den Fußball, dessen „Unique Selling Point“, wie KHR es bezeichnen könnte, am ehesten in der Interaktion zwischen den Zuschauerrängen und dem sportlichen Geschehen auf dem Rasen liegt.
Geisterspiele, die zwischenzeitlich die Option für eine Durchführung waren, sind daher ein tolerierbares Übel, weil sie der Sache dienen – und die Sache lautet in dem Sinne, dass die Rechteinhaber (in diesem Fall der ausstrahlende Pay-TV-Sender Sky) ihre Interessen wahren können, was aus Rummennigges Worten zu deuten war. Der Fußball kann aber nicht zum reinen Fernsehevent werden, das raubt ihm seine Seele. Diese Diskussion in diesen Tagen überhaupt führen zu müssen, ist angesichts der drohenden Entwicklung im Zuge des grassierenden Virus fast schon blanker Hohn.
Ein Land fährt seinen Betrieb herunter, der Fußball will ungehindert weitermachen Dass Rummenigge mit seinen Worten die Interessen von Wirtschaftsunternehmen vor die der Bevölkerung stellt, ist eine Farce. Die Entscheidungsträger bei der DFL scheinen durch ihr Herumlavieren in dieser Sache nicht realisiert zu haben, dass auch der deutsche Fußball eine gesellschaftspolitische Verantwortung hat und dieser auch in diesen Zeiten nachkommen muss. Die Organisation gehört den Vereinen, ihr Chef Christian Seifert kann nichts im Alleingang und ohne deren Segen entscheiden.
Erst durch massiven Druck von außen und die „Dynamik des heutigen Tages“ rang sich die Deutsche Fußballliga zu einer Entscheidung durch, die von Außenstehenden als absolut zwangsläufig, intern aber noch vor wenigen Tagen als „illusorisch“ bezeichnet wurde. Das wirre Vorgehen zeigt: Die Entscheidungsträger des Fußballs leben in einer Blase. Anders gesagt: Der Fußball hat sich in seiner Wagenburg eingemummelt, wie Peter Ahrens vom Spiegel gestern treffend schrieb.
Wie sonst kann es sein, dass das gesamte Land seinen Betrieb herunterfährt, aber lange Zeit auf Biegen und Brechen noch ein Bundesliga-Spieltag durchgedrückt werden sollte? Bayerns Mittelfeldspieler Thiago forderte am Freitagmittag die DFL auf, vernünftig zu sein. Tags zuvor hatte bereits BVB-Sportdirektor Michael Zorc sich für eine Absage ausgesprochen. Union-Keeper Rafael Gikiewicz schrieb auf Twitter, dass Fußballer wie Affen im Zirkus behandelt würden.
Auch in Köln zeigen sich die Entscheidungsträger nicht von ihrer besten Seite Welche Dimensionen das annehmen kann, zeigte sich in den vergangenen Tagen auch in Köln. Durch die Absage der Großveranstaltungen sind natürlich auch Heimspiele im Müngersdorfer Stadion betroffen, was die Frage aufwirft, wie damit umgegangen werden soll. Dem 1. FC Köln drohten alleine durch das Geisterspiel gegen Mainz siebenstellige Einnahmeverluste, schrieb das Fanprojekt des Vereins in einer Mitteilung an die eigenen Mitglieder. Dies sei ein „enormer finanzieller Schlag“ für den FC. Das Fanprojekt rief in der Folge dazu auf, sich die gekauften Eintritts- und Dauerkarten nicht erstatten zu lassen – denn in dieser Situation ginge es um „Unterstützung“ für den Verein.
Dass FC-Fans auf die Rückerstattung des Kaufpreises verzichten, wollte der Verein unter anderem mit einem limitierten „Geisterticket“ oder gar einem „Geisterspiel-T-Shirt“ belohnen. Bevor wir uns falsch verstehen: Es ist absolut logisch, dass dem 1. FC Köln Geld flöten geht, wenn die Heimspiele ohne Zuschauer stattfinden. Dass aber langjährige Dauerkarteninhaber, die dem Verein in dunkelsten Zeiten die Treue gehalten haben, sich nun mit einem Fake-Ticket oder einem unnötigen T-Shirt abspeisen lassen müssen, spricht Bände. Viele Menschen müssen es sich immer zweimal überlegen, ob sie zum Spiel fahren, weil das Ticket eben Geld kostet – da erscheint eine Rückerstattung sinnvoll.
Niemand kann ernsthaft Fan von diesem Business sein Aber gut, in einem Verein, dessen Geschäftsführer siebenstellig im Jahr verdienen, der an der fragwürdigen DFL-Entscheidung beteiligt ist (Wehrle sitzt im DFL-Präsidium) und Spieler mit gut dotierten Rentenverträgen ausstattet, scheint solches Verhalten fast normal. Und es passt ins Bild, das der deutsche Profifußball in diesen Tagen abgibt. „Maßnahmen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, tragen wir voll mit. So schön und wichtig der Fußball auch ist – die Gesundheit steht an erster Stelle“, sagte Alexander Wehrle in einer Mitteilung des Vereins nach der Verlegung des Spieltags. Einige Minuten zuvor hatte er sich im Gespräch beim Fernsehsender N-TV noch dahingehend geäußert, dass die Vereine im Einzelfall in Kommunikation mit den lokalen Behörden entscheiden müssten. Auf Nachfragen zur Situation in Spanien oder England entgegnete er, dass dort Spieler den Virus hätten, deswegen müsse differenziert werden. Wenig später waren diese Äußerungen dann sowieso hinfällig.
Die Ereignisse alleine an diesem Freitag zeigen: Anstatt solidarisch mit der Gesellschaft zu sein und die eigenen Interessen hintenanzustellen, geht es den Entscheidungsträgern wie immer ums Geld – Fußball ist eben ein Business. Aber niemand ist Fan von der KGaA in Köln geworden, sondern vom Verein und damit vom Fußball. Es fällt zunehmend schwer, die Entscheidungen der Funktionsträger unter normalen Maßstäben zu beurteilen, weil sich der Fußball einfach zu sehr von der Realität entkoppelt hat. Vielleicht hilft die nun spielfreie Zeit ein wenig, die eigenen Prioritäten zu klären.
Sorgen um die Bundesliga? Wehrle: „Ich denke an die ganze EU!“ Wie viele Millionen oder Milliarden Euro könnten die Fußballklubs in Deutschland und Europa verlieren, sollte es wochen- oder gar monatelang keinen Fußball zu sehen geben? Diese Frage scheint viele Menschen zu beschäftigen. Doch nicht nur Alexander Wehrle denkt weit über die Bundesliga hinaus. Denn weil nicht vorhersehbar ist, wie es weitergeht, sollten die Menschen vor allem gesamtgesellschaftlich denken.
Beim 1. FC Köln wurden Maßnahmen ergriffen, die über die Fußballabteilung hinaus gehen. Das Coronavirus hat dazu geführt, dass die Geschäftsstelle bis auf Weiteres nur noch teilweise besetzt sein wird. Pro Abteilung wurden zwei Teams gebildet, die rotierend im Zwei-Wochen-Rhythmus entweder im Home-Office oder vor Ort in der Geschäftsstelle arbeiten sollen. Weniger Kollegenkontakt, mehr Platz im Büro, flexible Arbeitszeiten, dazu nach GBK-Informationen auch ein FC-Krisenstab für den Fall der Fälle: Das Geißbockheim hat sich ebenso wie viele andere Unternehmen auf der ganzen Welt auf den Ernstfall eingestellt.
Denn klar ist längst: Durch die medizinischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie geht es längst nicht mehr um die Aufrechterhaltung eines Spielbetriebs, sondern um die Fortsetzung von Unternehmensbetrieben, um den Menschen nicht nur gesundheitlich nötige Rahmenbedingungen in Corona-Zeiten zu geben, sondern auch die Sicherheit, dass der Arbeitsplatz erhalten bleibt und die Firmen ihre Betriebe weiterführen können. FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle hat deswegen in Absprache mit dem Vorstand und seinem Co-Geschäftsführer Horst Heldt entsprechende Maßnahmen bei den Geissböcken eingeleitet. „Wir sind jetzt alle gut beraten auf Sicht zu fahren und besonnen zu entscheiden“, sagte Wehrle dem GEISSBLOG.KOELN.
Gesundheitliche Sorgen gehen mit wirtschaftlichen Sorgen einher Dieses „auf Sicht“ bezieht sich nicht nur auf die Bundesliga, sondern auf die gesellschaftlichen Entwicklungen und die sich daraus ableitenden Entscheidungen. Aufgrund der kaum vorhersehbaren Perspektive der kommenden Wochen mahnt Wehrle keine Horrorszenarien entstehen zu lassen, jedoch realistisch einzuschätzen, was Sinn macht und was nicht. Die Gesundheit der Menschen, so wiederholt der 45-Jährige wie viele seiner Kollegen in allen Branchen gebetsmühlenartig, stehe über allem. Darüber hinaus sei es die Pflicht der Verantwortlichen in Unternehmen, alles zu tun, um die bevorstehende Rezession nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt im Rahmen zu halten. Denn dass die gesundheitlichen mit wirtschaftlichen Sorgen einher gehen, bestreitet längst niemand mehr.
Auch deshalb hält die Deutsche Fußball Liga, in deren Vorstand Wehrle sitzt, daran fest, den Spielbetrieb irgendwann wieder so fortsetzen zu können, dass man einen sportlichen Abschluss der Saison 2019/20 finden kann. „Das oberste Ziel muss sein, dass wir die Saison mit 34 Spieltagen beenden können“, sagte Wehrle. „Ich kann mir deshalb unter den aktuellen Umständen nicht vorstellen, dass eine EM im Sommer stattfinden kann.“ Die Europameisterschaft ist bekanntlich eines der entscheidenden Elemente im internationalen Spielplan, die man bedenken müsse.
Was passiert mit den Verträgen, wenn am 30. Juni die Liga noch läuft? Ein wichtiger Grund, warum die Bundesliga bei aller Unvorhersehbarkeit hofft, die Liga bis zum 30. Juni 2020 beenden zu können, sind die Verträge. Nicht nur Sponsoren- und Vermarktungsverträge, sondern vor allem auch Spieler- und Trainerverträge. Zur Erinnerung: Beim 1. FC Köln haben Sportchef Horst Heldt und Cheftrainer Markus Gisdol nur dann über den 30.06.2020 hinaus gültige Verträge, sofern der FC den Klassenerhalt in der Saison 2019/20 schafft. Mark Uth und Toni Leistner sind nur bis zum 30. Juni von ihren Klubs an den FC ausgeliehen, der Kontrakt mit Thomas Kessler läuft Ende Juni aus. Niemand in der Liga weiß, wie es um all diese Verträge stünde, sollten die Ligaspiele über diesen Stichtag hinaus, der gleichzeitig auch das Geschäftsjahr aller Bundesligisten abschließt, weitergeführt werden müssen.
Im Worst Case bekäme auch der FC Bayern Probleme Mit diesen Unsicherheiten beschäftigen sich die Vereine bislang jedoch nur in einem Worst-Case-Szenario, über das niemand so ganz konkret reden will. Annahmen von TV-Gelder-Ausfällen und potentiellen Millionen- oder Milliarden-Schäden sind alleine schon deswegen unseriös, weil niemand das genaue Zeitfenster der Spielpause bestimmen kann. Sollte sogar die kommende Bundesliga-Saison in Gefahr geraten, wäre selbst ein Riese wie der FC Bayern München gefährdet, da er den mit Abstand teuersten Kader zu finanzieren hätte, ohne auf TV-Gelder, Vermarktungseinnahmen oder Zuschauergelder zählen zu können. Die Folgen wären also in jeder Hinsicht unvorhersehbar – sie wären jedoch nicht nur auf die Bundesliga oder den Fußball beschränkt.
Dann wäre eine abgesagte Fußballliga das geringste aller Probleme Dies weiß auch Wehrle, der mahnt: „Ich mache mir nicht nur über die Bundesliga oder über Deutschland Gedanken, sondern über die Europäische Union“, sagte der Finanzboss im GBK-Gespräch. Eine Rezession hätte nicht nur für verhältnismäßig wirtschaftlich stabile Länder wie Deutschland oder die skandinavischen Ländern Auswirkungen, sondern womöglich verheerende auf instabile EU-Länder wie Italien, Portugal, Spanien oder Griechenland. Und damit auf die Stabilität der gesamten Europäischen Union. Probleme, die mit einfachen Fußballspielen nichts mehr zu tun hätten. „Es geht um existenzielle Sorgen, um gesamtgesellschaftliche Konsequenzen“, sagte Wehrle. „In einer solchen Phase ist es wichtig, ruhig zu bleiben und sich an Vorgaben zu halten.“ Und das erst einmal kurzfristig, solange realistische Vorhersagen über den Verlauf der Coronavirus-Pandemie nicht möglich sind.
„Halswirbelsäule komplett zerrissen“: FC zeigt Czichos‘ großes Glück Der 1. FC Köln hat am Samstagabend in der neuen Folge der Dokumentation 24/7 medizinische Einblicke in die Verletzung von Rafael Czichos gegeben. Dabei kam auch Prof. Dr. Peer Eysel, der operierende Arzt der Uniklinik Köln zu Wort. Der Mediziner bestätigte, dass Kölns Innenverteidigung nur knapp einer Querschnittslähmung entkam.
Es war der schwere Zusammenprall von Rafael Czichos mit Hertha-Mittelfeldspieler Marko Grujic, der den 5:0-Auswärtssieg der Geissböcke im Februar so arg trübte. Czichos hatte sich eine schwere Halswirbelverletzung zugezogen und musste operiert werden, wird monatelang ausfallen. Wie schwer die Verletzung war und wie viel Glück der 29-Jährige wirklich hatte, wurde nun klar. Denn der FC zeigt in seiner neuen Doku nicht nur ein Interview mit Prof. Eysel und Czichos, sondern auch die Röntgenbilder des Spielers.
Es sind seltene Einblicke in die Verletzung eines Fußballers, um die in der Regel inzwischen große Geheimnisse gemacht werden. Doch Czichos und der FC entschieden sich dafür, mit offenen Karten zu spielen. Auch, weil es gute Neuigkeiten gibt. Denn die wichtigste Botschaft, die Eysel formulierte und die Czichos Hoffnung für die Zukunft gibt: Der Spieler wird vollständig geheilt aus der Verletzung hervorgehen. „Das wird so heilen, dass es keine Ausfälle gibt und eine volle Belastbarkeit möglich ist“, sagte Eysel. „Wenn jemand eine Kreuzbandruptur hat, bleibt das Knie immer eine Schwachstelle. Wenn das ausgeheilt ist, ist das aber vergessen. Das ist ganz wichtig.“
"Viele Spieler hätten eine Querschnittslähmung erlitten" Czichos kann also darauf hoffen, nach dem Heilungsprozess wieder ganz normal Fußball zu spielen. Das war im Moment der Verletzung völlig unklar gewesen. „Ich war mir sofort sicher gewesen, dass das keine normale Bewegung war und dass der Schmerz nicht sofort aufhören würde“, sagte Czichos. „Klaus Maierstein und Paul Klein haben mir auf dem Platz sofort gesagt, dass ich mich auf gar keinen Fall bewegen soll. Damit haben sie mir sehr geholfen. Wie man gemerkt hat, hatte ich sehr viel Glück in dieser Situation.“ Wie viel Glück, bestätigte Eysel. „Die Halswirbelsäule war an einer Stelle komplett zerrissen“, sagte der Arzt und zeigte auf den Röntgenaufnahmen, wie die Halswirbel nun nach der Operation von einer Art Kelch zusammengehalten werden, bis sie wieder zusammengewachsen sind. „Da war verdammt viel Glück dabei. Das ist mindestens ein Vierer im Lotto. Die Halswirbelsäule war vollkommen instabil und es gibt viele Sportler, die in einer solchen Situation eine Querschnittslähmung erlitten hätten.“
Wann Czichos wieder wird mitwirken können, ist noch völlig offen. Professor Eysel empfahl dem Innenverteidiger Anfang März, die Saison 2019/20 abzuschreiben und kein Comeback mehr erzwingen zu wollen. Was die aktuelle Spielpause bewirken wird, kann allerdings niemand vorhersehen. Sollte die Bundesliga im Juni spielen, könnte Czichos theoretisch zumindest wieder ins Training einsteigen. Realistisch ist eine Rückkehr zur Saison 2020/21.
Gerüchte um Uphoff: Doch der FC andere Pläne im Tor Während die Bundesliga aufgrund des Coronavirus‘ in eine unsichere Zukunft steuert, hat sich beim Karlsruher SC ein Spieler entschieden den Zweitligisten am Ende der Saison ablösefrei zu verlassen. Torhüter Benjamin Uphoff verlässt die Badener und hat nach eigener Aussage schon einen neuen Verein gefunden. Gerüchte jedoch, nach denen es sich um den 1. FC Köln handele, sind nach GBK-Informationen falsch. Der FC verfolgt andere Pläne im Tor.
Seit zweieinhalb Jahren spielt Benjamin Uphoff für den Karlsruher SC und ist dort Teamkollege von Ex-FC-Keeper Sven Müller. Im Sommer wird der 26-Jährige den Zweitligisten verlassen. Allerdings nicht in Richtung Köln, wie ursprünglich am Sonntag aus Karlsruhe zu hören war. ka-news.de hatte zunächst darüber berichtet. Nach Informationen des GEISSBLOG.KOELN ist Uphoff beim FC kein Thema.
Der 192 Zentimeter große Torhüter hat zwar schon mit dem Kölner Torwarttrainer Andreas Menger gearbeitet. Ein Wiedersehen in Köln wird es aber nicht geben. Das Gerücht war entstanden, da die Geissböcke auf der Torhüter-Position eine Veränderung herbeiführen wollen und den im Sommer auslaufenden Vertrag mit der langjährigen Nummer zwei, Thomas Kessler, noch nicht verlängert haben. Der 34-Jährige soll nach seiner aktiven Karriere und damit womöglich schon in diesem Sommer in eine Position in der Geschäftsstelle wechseln, wohl in die Bereiche Marketing und Sponsoring. Ob Kessler und der FC sich jedoch noch einmal auf eine Vertragsverlängerung verständigen, dann womöglich als eine Art Stand-by-Profi wie Tom Starke seiner Zeit beim FC Bayern, ist noch nicht klar.
Auch Wellenreuther kein Kandidat Klar ist nur: Der 1. FC Köln will zur kommenden eine neue Nummer zwei verpflichten, die Timo Horn im Tor der Geissböcke Konkurrenz machen soll. Kessler ist bis heute eine treue Nummer zwei, ein echter Konkurrenzkampf mit Horn war aber intern nie erwünscht. Dieser Konkurrenzkampf soll zur neuen Saison angetrieben werden, allerdings nicht mit Uphoff. Auch an einem Gerücht aus den Niederlanden, wonach die Geissböcke an Timon Wellenreuther von Willem II interessiert seien, ist nach GBK-Informationen nichts dran. Der FC sucht einen jungen, entwicklungsfähigen, aber bereits im Profi-Bereich erfahrenen Torhüter, der bereit ist zunächst als Nummer zwei zum FC zu kommen, jedoch die Ambitionen auf den Posten der Nummer eins hegt. Nach diesem Keeper ist Köln noch auf der Suche, gefunden wurde er noch nicht. Zumindest nicht in Karlsruhe.
Wegen Paderborn: FC-Spieler müssen in der Nähe bleiben Die Spieler des 1. FC Köln haben aufgrund der Coronavirus-Pandemie noch trainingsfrei. Erst am Dienstag rufen die Geissböcke – Stand jetzt – die FC-Profis wieder zum Training ans Geißbockheim. Abgesehen von Reisewarnungen sollten sich die Spieler am Wochenende allerdings auch aus einem konkreten Grund weiterhin in Köln aufhalten: Sie könnten kurzfristig auf das Virus getestet werden.
Timo Horn wurde nach seiner Erkältung im Vorfeld des Auswärtsspieles beim SC Paderborn bereits negativ auf das Coronavirus getestet. Doch genau jenes Auswärtsspiel beim SCP vom 6. März ist einer der Gründe dafür, dass die FC-Profis von ihrem Arbeitgeber gebeten wurden, über das spielfreie Wochenende in unmittelbarer Nähe zu bleiben. Denn in Paderborn wurde mit Luca Kilian ein Profi positiv getestet.
Da mit Kilian ein SCP-Profi positiv getestet wurde, wenngleich dieser gegen den FC nicht im Kader gestanden hatte, könnten die Geissböcke nun zu Tests ihrer Spieler gezwungen werden. Zuvor war in Paderborn schon Steffen Baumgart getestet, jedoch mit einem negativen Ergebnis befunden worden. Am Samstag nahm der SCP insgesamt 45 Tests in der Mannschaft und bei den Betreuern ab. Die Ergebnisse sind mitentscheidend darüber, wie auch der FC am Montag verfahren. Wie der FC auf GBK-Nachfrage bestätigte, wurde den Spielern am Freitag empfohlen sich weiterhin in Köln aufzuhalten.
FC hofft auf 20 Millionen: „Tragen Verantwortung, die Zukunft unserer Clubs zu sichern“ Der 1. FC Köln hofft auf die letzte Ausschüttung der Fernsehgelder für die Spielzeit 2019/20. Nach den bestehenden Verträgen der TV-Vermarktung erhalten die Vereine im Mai ihre vierte und damit letzte Abschlagszahlung der laufenden Saison. Für den FC geht es dabei um einen achtstelligen Betrag. Nach der Mitgliederversammlung der DFL äußerten sich auch die beiden Geschäftsführer Horst Heldt und Alexander Wehrle.
Zwar findet mindestens bis zum 3. April kein Spielbetrieb in den deutschen Profi-Ligen statt, dennoch sollen im Mai nach den aktuellen Verträgen die letzten TV-Vermarktungserlöse an die Vereine ausgezahlt werden. Die Voraussetzung dafür, dass die etwaigen Medienpartner der Deutschen Fußball Liga ihren Verpflichtungen auch nachkommen, dürfte aber unabdingbar damit zusammenhängen, ob die Spiele auch tatsächlich stattfinden.
Zuschauereinnahmen und TV-Gelder würden knapp 20 Millionen Euro bringen Aktuell belegt der 1. FC Köln in der Fernsehgeld-Tabelle den viertletzten Platz. Lediglich Fortuna Düsseldorf und die beiden Mitaufsteiger Union Berlin und der SC Paderborn liegen hinter den Geißböcken. Insgesamt gibt es für die Kölner in dieser Saison knapp 40 Millionen Euro an TV-Geldern. Für die letzte Abschlagszahlung im Mai sind noch einmal 12,47 Millionen Euro vorgesehen. Aufgrund der bestehenden Fünf-Jahres-Wertung haben Vereine wie der FC Augsburg oder der 1. FSV Mainz 05 die Kölner inzwischen überholt. Zum Vergleich: Der FC Bayern München würde als letzte Auszahlungsrate im Mai knapp 35 Millionen Euro erhalten und damit fast dreimal so viel wie die Kölner. Auch der rheinische Rivale aus Gladbach liegt mit ca. 25 Millionen bei mehr als doppelt so hohen Einnahmen aus den Fernsehgeldern.
"Wir haben das auf dem Schirm" Doch nicht nur durch die TV-Vermarktung erhofft sich der FC bis zum Ende der Saison Einnahmen in Millionenhöhe. Auch die Zuschauereinnahmen aus den Heimspielen sind aktuell noch eingeplant. Bei noch fünf ausstehenden Heimspielen von jeweils rund 1,5 Millionen Euro würden den Kölnern bei Geisterspielen oder dem gänzlichen Wegfall der Partien 7,5 Millionen Euro fehlen. Zusammengerechnet mit den Fernsehgeldern geht es für den FC also in den kommenden Wochen noch um rund 20 Millionen Euro. Geld, welches der FC im Vorfeld fest eingeplant hatte und für die Aufrechterhaltung nicht nur des Spielbetriebs, sondern des Gesamtgeschäftsbetriebs und überdies für Neuverpflichtungen im Sommer dringend benötigt.
Auf der Pressekonferenz nach der DFL-Mitgliederversammlung erklärte Geschäftsführer Christian Seifert, dass der Prozess der Medienrechte-Vergabe aktuell nicht die höchste Priorität habe. „Wir haben das aber auf dem Schirm.“ Um nicht unter Druck oder in Verzug zu geraten, werde die Vergabe nicht vollständig ausgesetzt, sondern weiterhin auch über die gegenwärtige Krise hinaus geplant. Schließlich sei man sich auch bei der DFL bewusst, dass die Vereine ihre größten Einnahmen aus den Medien- und Sponsoringverträgen sowie den Zuschauern generieren.
Entscheidung über Trainingsgestaltung in den kommenden Wochen
Bei der Mitgliederversammlung der DFL waren auch die beiden FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle und Horst Heldt anwesend. Für beide steht die Eindämmung des Virus‘ an oberster Stelle. „Ich möchte mich bei Christian Seifert für sein hervorragendes Krisenmanagement bedanken. Wir befinden uns in einer Situation, wie es sie noch nie gab“, erklärte Finanzchef Wehrle. „Wir sind uns einig, dass die Eindämmung des Virus‘ oberste Priorität hat – und entsprechend handeln wir. Zugleich tragen wir über diese Krise hinaus Verantwortung Entscheidungen zu treffen, um die Zukunft unserer Clubs und des Profifußballs insgesamt zu sichern.“ Umso wichtiger wäre für die Geißböcke die Fortführung des Spielbetriebs – im besten Fall mit einem vollem RheinEnergieStadion. Doch zunächst erklärte auch Horst Heldt die Ungewissheit, vor der auch die Profimannschaft in den kommenden Wochen stünde: „Wie es konkret bei uns mit der Trainingsplanung weitergeht, werden wir in den nächsten Tagen entscheiden. Wichtig ist, weiter dafür zu sorgen, dass möglichst alle gesund bleiben und wir das Infektionsrisiko mindern.“
Zehn Tage kein FC-Training: Profis müssen zuhause bleiben Der 1. FC Köln hat weitere Maßnahmen in der aktuellen Coronavirus-Krise beschlossen. Wie die Geissböcke am Dienstag bekannt gaben, werden die Profis in den kommenden zehn Tagen nicht am Geißbockheim trainieren, sondern individuell zuhause arbeiten. Das erste Training auf dem Platz wird nicht vor dem 27. März stattfinden.
Die FC-Profis waren am Dienstagmorgen ans Geißbockheim gekommen, da ursprünglich das nächsten Training unter Markus Gisdol angesetzt war. Doch der Cheftrainer übergab zusammen mit den Athletiktrainern den Spielern lediglich einen individuellen Trainingsplan für zuhause. Danach ging es direkt wieder nach Hause.
„Am Mittwoch werden den Spielern außerdem Spinning-Räder nach Hause geliefert, auf denen sie sich fit halten können“, gab der Klub bekannt. Nach jetzigem Stand ist das nächste Training am Geißbockheim für Freitag, den 27. März angesetzt und damit eine Woche vor dem bislang noch nicht verschobenen Spiel der Kölner bei der TSG Hoffenheim. Doch weil davon auszugehen ist, dass mindestens bis Ostern keine Bundesliga-Spiele stattfinden werden, könnte sich auch dies noch verschieben. Die DFL kündigte an, spätestens am 30. März über das weitere Vorgehen zu entscheiden.
„Wir müssen klären: Welcher Klub hält wie lange durch?“ Der Spielbetrieb der Bundesliga und 2. Liga pausiert mindestens bis Anfang April. Das bestätigte die DFL-Mitgliederversammlung am Montag. Alle Vertreter der 36-Profivereine hatten sich in Frankfurt gemeinsam bezüglich des weiteren Vorgehens angesichts der Corona-Krise beraten. Über die Wiederaufnahme des Spielbetriebs soll ab dem 30. März abgestimmt werden. Doch auch dann dürften sich die Vereine auf Spiele ohne Zuschauer einstellen – und damit auf einen wirtschaftlichen Existenzkampf.
Aktuell betrifft die Aussetzung des Spielbetriebes lediglich den 26. und 27. Spieltag. „Das heißt aber nicht, dass wir aktuell davon ausgehen, am 3. April wieder zu spielen“, erklärte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert am Montag auf der Pressekonferenz nach der Mitgliederversammlung. Eine neuerliche Abstimmung über das weitere Vorgehen ist für die Woche ab dem 30. März vorgesehen. Wie es dann weitergeht, ist aktuell noch nicht abzusehen. Derzeit sollen die Vereine Rücksprache mit den örtlichen Behörden halten und anschließend Meldung an die DFL geben. Doch weil in den meisten Bundesländern Veranstaltungen bis nach Ostern verboten sind, wird sich wohl auch die Bundesliga dieser Vorgabe beugen müssen.
"Dann wird es keine 20 Profiklubs mehr geben" Sicher scheint, dass selbst bei der Wiederaufnahme der Bundesliga die ersten Spiele unter Ausschluss von Zuschauern stattfinden werden. Geisterspiele seien „in nächster Zukunft die einzige Überlebenschance“, verkündete Seifert und bestätigte damit, dass eine Wiederaufnahme der Spiele nicht sofort wieder mit vollem Publikum möglich sein werden. Seifert ging am Montag noch weiter und machte deutlich: Wer sich jetzt in Fußball-Romantik verliere, der werde bald nicht mehr genügend Bundesligisten vorfinden. „Niemand liebt Bundesliga-Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Doch wer Spiele ohne Zuschauer ausschließt, muss sich keine Gedanken mehr machen, ob wir bald mit 18 oder 20 Profiklubs spielen. Denn dann wird es keine 20 Profiklubs mehr geben“, sagte der DFL-Geschäftsführer.
Fordert die UEFA Geld für EM-Verschiebung? Trotzdem sei man sich freilich bewusst, dass die Vereine insbesondere von den Einnahmen des Sponsorings und der Zuschauer leben. „Wenn sie die nicht mehr haben, ist es eine Frage der Zeit, ehe das bei den Kosten des Tagesgeschäfts nicht lange gut geht.“ Zu Ende gespielt werden soll die Saison in jedem Fall. Eine genaue Antwort, wie es in den nächsten Wochen weitergehen kann, ist jedoch noch nicht gefunden. „Wir ringen alle nach der besten Lösung. Das ist nur nicht so einfach, weil wir nicht wissen, wie es nächste Woche aussieht“, erklärte Seifert. Am Dienstag entscheidet zunächst die UEFA, wie es mit den internationalen Wettbewerben und der EM weitergeht. Sollte sich bewahrheiten, was die Onlinezeitung The Athletic berichtet, würden noch weitere Hürden auf die Klubs zukommen. Demnach soll die UEFA insgesamt 275 Millionen Pfund (rund 300 Mio. Euro) von seinen Ligen und Klubs fordern, um die Europameisterschaft 2020 um ein Jahr zu verschieben. Schließlich sei es deren Anliegen, die unterbrochenen Saisons fortzuführen und zu beenden.
Der wirtschaftliche Existenzkampf der Klubs ob der unsicheren Situation könnte also noch weitaus komplexer sein als lediglich vom Spielplan, den Zuschauern und den TV-Geldern abhängig. Klar ist lediglich, dass die Vereine in der ersten und zweiten Bundesliga aufgrund ihrer Finanzstärke unterschiedlich stark von den Spielabsagen und möglichen Geisterspielen betroffen wären. „Wir müssen klären: Welcher Klub hält wie lange durch?“, verwies Seifert auf die Unterschiede bei den Klubs. Während der FC bei einem vollen Stadion und der letzten TV-Gelder-Auszahlung auf weitere 20 Millionen Euro hoffen könnte und umgekehrt um diese Summe bangen muss, hätten der FC Bayern und Borussia Dortmund beinahe das Dreifache zur Verfügung (hier mehr dazu). Seifert betonte, dass die Vereine nun zunächst evaluieren müssten, wie lange sie ihren finanziellen Status ohne Spiele aufrechten erhalten könnten. „Es geht darum, dass sich die Klubs einen Überblick verschaffen, wie es im Falle von wirtschaftlichen Extremst-Szenarien ausschaut“, erklärte der DFL-Geschäftsführer. Dabei würde auch jeder Verein, genauso wie die DFL, über Optionen wie beispielsweise Kurzarbeit in den Geschäftsstellen nachdenken, um möglichst gut durch die Krise zu kommen.
Heldt schießt gegen Söder: „Populistische Scheiß-Ausdrücke“ Sollten Fußballstars auf Teile ihres Gehalts verzichten, um ihren Vereinen und damit der gesamten Fußballbranche in der Coronakrise zu helfen? Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat einen entsprechenden Aufruf formuliert. Horst Heldt hält davon zunächst nichts. Der Sportchef des 1. FC Köln kritisiert den Politiker scharf.
Am Montag war Söder in einem Live-Interview mit der Bild aufgetreten und hatte erklärt, ein politisches Eingreifen in den Bundesliga-Fußball sehe er nicht als Aufgabe der Behörden. „Ganz ehrlich: Es ist nicht die wichtigste und vordringlichste Aufgabe jetzt dafür zu sorgen, dass die Profivereine wirtschaftlich überleben können“, sagte Söder. Wichtiger sei die Sicherstellung der medizinischen Versorgung und die Aufrechterhaltung anderer Wirtschaftszweige. Hingegen fände er es in Ordnung, wenn jene Spieler, „die ganz große Gehälter bekommen“, ihre Arbeitgeber durch Verzicht entlasten würden.
Um die Coronvirus-Krise zu überstehen, sei Solidarität nicht nur von den Vereinen und Verbänden, sondern auch von den Spielern gefragt, die von dem gesamten System am meisten profitierten und das Vielfache an Gehältern verdienten wie der allergrößte Teil der Fußballbranche. „Deswegen wäre vielleicht jetzt mal die Idee, dass da jeder seinen Beitrag macht, damit sein Verein, die Liga und der Sport auch dann wieder stattfinden kann, wenn – so hoffen wir – die Krise überwunden wurde.“
"Fußballprofis haben ein soziales Gewissen" Am Dienstag trat nun Horst Heldt am Geißbockheim vor die Kameras und Mikrofone, nachdem man beim FC den Trainingsbetrieb nicht nur im Nachwuchs, sondern auch für die Profis vollständig mindestens bis zum 27. März gestoppt hatte (mehr dazu hier). Mit Söders Vorschlag konnte der FC-Geschäftsführer nichts anfangen. „Es wäre jetzt absolut sinnvoll, sich mit populistischen Scheiß-Ausdrücken ein Stück weit zurückhält“, polterte Heldt los. „Meine Erwartungshaltung ist, dass man sich auf das konzentriert, was den Menschen wichtig ist. Die Politik muss jetzt führen, vorangehen und den Menschen einen Plan an die Hand geben und sich nicht in Teilbereiche heranwagen, nur um gut dazustehen. Das würde unserem Land gerade nicht helfen.“
Heldt wollte sehr wohl nicht ausschließen, dass man mit den Spielern über eine Gehaltsverzicht sprechen werde, sobald absehbar sei, wie es um die Bundesliga und die Klubs bestellt sei. Das Fußballgeschäft auf die „Millionäre auf dem Rasen“ zu reduzieren, sei ihm jedoch zu einfach. „Fußballprofis haben ein soziales Gewissen. Ich finde es unverschämt, das öffentlich in Frage zu stellen. Wir setzen uns damit auseinander und werden das in Ruhe besprechen“, sagte Heldt. „Menschen jetzt in eine Ecke zu stellen und ihnen vorzuwerfen, sie würden sich für nichts interessieren, ist nicht meine Erwartungshaltung an Politik.“ Die Deutsche Fußball Liga hatte am Montag beschlossen bis Anfang April mit der Bundesliga auszusetzen. In dieser Zeit müssen die Fußballklubs und damit auch der 1. FC Köln errechnen, wie lange die Vereine im schlimmsten Fall ohne Spiele und damit ohne TV-Gelder überleben könnten. Heldt bestätigte, dass der FC damit nun beschäftigt sei.
„Ganze Gesellschaft hat Problem“: FC-Boss Heldt mit starken Worten vor Krisengipfel Am Montag wird in Frankfurt beim DFL-Gipfel beraten, wie es in der Corona-Krise mit der Bundesliga weitergehen soll. Den 1. FC Köln vertreten dabei Finanzchef Alexander Wehrle (45), der auch im Liga-Präsidium sitzt, und Horst Heldt (50).
Der Sportboss appelliert vorab: „Alle müssen sich jetzt solidarisch zeigen!“ Und zwar nicht nur im Fußball.
Horst Heldt und Alexander Wehrle vertreten 1. FC Köln Auch am Geißbockheim hat man sich den besonderen Corona-Umständen angepasst: Die Hälfte der mehr als 150 Mitarbeiter ist ab sofort im Homeoffice tätig – vorerst bis zum 10. April. Für Sport-Geschäftsführer Heldt galt das am Wochenende nicht. Der Ex-Profi saß an seinem Schreibtisch in der ansonsten verlassenen Geschäftsstelle – auch um sich auf die DFL-Versammlung am Montag vorzubereiten. Heldt zum EXPRESS: „Jeder muss sich seine Gedanken machen, damit wir eine Diskussionsgrundlage haben. Alle sollten mit einer Meinung in diesen Austausch gehen.“
Horst Heldt erwartet kurzfristigen Fahrplan Zunächst einmal wird das Präsidium um den DFL-Vorsitzenden Christian Seifert (50) und FC-Boss Wehrle zur Lage der Liga Stellung beziehen – dann muss über mögliche Lösungen diskutiert werden. Heldts Erwartungen: „Ich gehe davon aus, dass wir zumindest eine Lösung finden, die einen kurzfristigen Fahrplan darstellt, wie es in den nächsten Wochen weitergeht. Aber wir wissen natürlich alle, dass wir am Montag nur auf nationaler Ebene entscheiden können. Vieles hängt davon ab, wie die UEFA ihre Wettbewerbe abhandeln will. Und das wissen wir erst am Dienstag.“
Horst Heldt: „Müssen uns alle solidarisch zeigen“ Fest steht: Die Bundesliga muss jetzt mehr denn je zusammenhalten! BVB-Boss Hans-Joachim Watzke (60) sprach von „der schwersten Krise des deutschen Profi-Fußballs“ und forderte: „Wir müssen das jetzt alle gemeinsam solidarisch tragen und am Montag die entsprechenden Ableitungen diskutieren.“
Heldt geht noch weiter: „Die Solidargemeinschaft wird über den Fußball hinaus wichtig sein. Im ganzen Land muss eine Solidargemeinschaft entstehen – und das wird sie auch. Der Fußball ist betroffen, und das nicht zu knapp. Aber wir sind nur ein Teil der Gesellschaft und die ganze Gesellschaft hat ein Problem. Deswegen geht es nicht nur um Solidarität innerhalb der Bundesliga, sondern wir alle werden uns solidarisch zeigen müssen, damit wir das hinbekommen.“
Erneut starke Worte des FC-Managers!
Kritik an FIFA und UEFA Heldt hatte schon in den vergangenen Tagen klare Kante gezeigt. Er war einer der ersten Bundesliga-Macher, der sich deutlich für eine Absage der März-Länderspiele und eine Verlegung der EM ausgesprochen sowie die Passivität der FIFA und UEFA kritisiert hatte. Für Heldt hat die Liga oberste Priorität: „Ich kann als ehemaliger Sportler wenig damit anfangen, die Saison vorzeitig abzubrechen.“
„Den Schuss nicht verstanden": UEFA-Gerüchte bringen FC-Sportchef Heldt auf die Palme Will sich die UEFA die Verluste eine EM-Verschiebung von den Verbänden und Klubs zurückholen? Diese Gerüchte kursieren vor der für Dienstag anberaumten Videokonferenz, in der entschieden werden soll, wie es mit den europäischen Wettbewerben weitergehen soll.
FC-Sportchef Horst Heldt (50) bringen solche Gedankenspiele auf die Palme!
EM-Verschiebung soll 300 Millionen Euro kosten Der Geschäftsführer sagte am Dienstagvormittag: „Wenn das wirklich stimmt, was ich heute gelesen habe, dann würde ich mich schon fragen, ob die den Schuss noch nicht verstanden haben." Laut „The Athletic“ will die UEFA Kosten von rund 300 Millionen Euro auf die Vereine abwälzen. So viel würde eine Verschiebung der EM wohl kosten.
Horst Held: Vereine sind Grundlage für Turniere Heldt: „Wenn man hunderte Millionen Euro auf die Vereine und Verbände runterbricht, bin ich gespannt, wie man das gerade in Italien erklärt, wo aktuell das ganze Land zusammenbricht."
Kölns Sportchef ging sogar noch weiter: „Wenn das stimmt, müssen die sich fragen, ob sie eine EM in den nächsten Jahren überhaupt noch spielen werden. Die Grundlage für alle Nationalmannschaften und Turniere sind die nationalen Ligen. Es muss Mannschaften geben, die Spieler stellen können."
Außerdem sprach Horst Heldt am Dienstag über…
...den Trainingsbetrieb: „Es ist eine außerordentlich schwierige Situation. Wir haben jetzt den allgemeinen Trainingsbetrieb erst mal eingestellt. Wir haben eben der Mannschaft mitgeteilt, dass wir in den nächsten zehn Tagen individuell trainieren. Es macht aus vielerlei Hinsicht keinen Sinn hier in der Form zu trainieren. Wir sehen uns da auch gesellschaftlich in der Verantwortung, deswegen hat jeder Spieler einen Trainingsplan bekommen und ist nachhause geschickt worden. Man muss natürlich auch die Gesamtsituation mit neuen Hinweisen betrachten, aber wir planen nach wie vor Anfang April wieder zu spielen – wir wollen spielen. Trotz alledem schicken wir die Mannschaft jetzt nach Hause, damit sie fit bleibt und das machen sie nach dem individuellen Trainingsplan.“
...die weitere Entwicklung des Bundesliga-Betriebs: „Dadurch, dass es täglich neue Meldungen und neue Handlungsanweisungen gibt, ist es in der Tat so, dass es viele Szenarien gibt, die wir durchspielen müssen. Man muss sich auch mit Plan B und C beschäftigen. Natürlich haben wir gestern darüber für die gesamte Liga gesprochen, jetzt brechen wir es herunter auf unsere Verantwortung, auf unseren Verein. Trotzdem ist es wichtig, an Plan A festzuhalten. Am Ende braucht jeder Mensch zurzeit Orientierung – ich glaube, dass das wichtig ist. Es ist unsere Verantwortung, unseren Verein zu führen und den Menschen Handlungsoptionen zu geben, aber gleichzeitig auch einen Plan zu vermitteln.“
...wie kritisch ein Spielausfall finanziell für den Verein wird: „Die Lage ist genauso kritisch, wie für viele andere auch – nicht nur im Fußball, aber eben auch im Fußball. Es ist wichtig noch einmal zu betonen, dass es nicht um die 'Fußball-Millionäre' auf dem grünen Rasen geht, sondern um 50.000 Arbeitsplätze. Man muss aufhören das miteinander in Verbindung zu bringen. Wir sehen uns gegenüber ganz vielen Menschen in der Verantwortung. Wir müssen es schaffen, die Saison zu Ende zu bringen, wenn auch ohne Zuschauer. Das ist überlebenswichtig für viele Bereiche und Fußballvereine. Wenn es am Ende vom Tag die Hälfte aller Erst- und Zweitligisten nicht mehr geben sollte, weiß ich nicht, wie wir eine Liga abhalten wollen.“
...wie die finanzielle Planung vonstatten geht: „Wir werden jetzt einmal einen Kassensturz machen. Wir müssen schauen, wann es überlebenswichtig wird, wieder Fußball zu spielen. Dabei müssen wir uns aber auch an politische Rahmenbedingungen halten, was auch wichtig und richtig ist. Wir müssen das Coronavirus eindämmen und in den Griff bekommen. Dabei sind wir gefragt, wie jeder andere Mensch auch.“
Die DFL während der Corona-Pandemie: Zeit zum Nachdenken Seit einer Woche ruht beim 1. FC Köln und in der Bundesliga der Ball. Die Ereignisse überschlagen sich, was die Fortsetzung der Saison angeht – unterdessen ist aber auch Zeit, über einige Dinge nachzudenken.
Heute vor einer Woche fand das letzte Fußballspiel mit Beteiligung des 1. FC Köln statt. Heute ist das erste Geisterspiel in der Geschichte des deutschen Fußballs genau sieben Tage her, es fühlt sich aber ganz anders an. Es fühlt sich an, als wäre die 1:2-Niederlage in diesem bizarren, weil ohne Publikum ausgetragenen Derby in einem anderen Jahrzehnt ausgetragen worden. Der Auswärtssieg des 1. FC Köln in Paderborn ist nunmehr auch schon fast zwei Wochen her, es war wohl der letzte Zeitpunkt, als man sich wirklich aus tiefstem Herzen über etwas völlig Unbedeutendes wie einen Auswärtssieg in Ostwestfalen freuen konnte.
Seitdem ist viel passiert, und der Fußball spielt darin nur eine ganz kleine Nebenrolle. Das gesellschaftliche und öffentliche Leben ist nach der Sitzung der Ministerpräsidenten am vergangenen Donnerstag schrittweise zum Erliegen gekommen, jeden Tag werden neue Maßnahmen verkündet, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen. Die europäischen Länder stehen alle vor der Herausforderung, ihre Bürger dazu zu bringen, möglichst wenig mit anderen Menschen in Kontakt zu treten – das geht mal schneller und drastischer, mal langsamer und behutsamer. In jedem Fall aber beobachten wir gerade eine Naturkatastrophe in Zeitlupe, wie Deutschlands Chef-Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité es nannte.
Viele Fragen sind derzeit offen im deutschen Fußball Der vernünftige Teil der Bevölkerung befindet sich, sofern möglich, mittlerweile überwiegend zuhause in den eigenen vier Wänden. Da bleibt automatisch viel Zeit zum Nachdenken, auch über Fußball und dessen Zukunft. Gerade finden keine Spiele statt, weil der Fußball seine Wunden leckt. Denn auch an der schönsten Nebensache der Welt sind die vergangenen Tage nicht spurlos vorüber gegangen, weil zuerst ein Geisterspiel, dann ein abgesagter Spieltag, später eine DFL-Sitzung und schlussendlich eine UEFA-Entscheidung in schneller Folge die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Weil Fußball für viele Menschen ein wichtiger Bestandteil des Lebens ist, erscheint es vollkommen berechtigt, sich mit der Zukunft des Spiels auseinanderzusetzen – und Fragen zu stellen.
Denn Vieles ist aktuell offen. Was wird aus dem deutschen Profifußball zum Beispiel, der sich in der DFL organisiert? Die Aussetzung des Spielbetriebs bis in den April hinein dient als kurze Verschnaufpause, bevor die wirtschaftlichen Zwänge dafür sorgen, dass weitergespielt werden muss. DFL-Vorstandssprecher Christian Seifert beschwor in seiner Pressekonferenz am Montag auch gleich mal ein Untergangsszenario herauf, weil die 36 Profivereine der Bundesliga vom Geldfluss der Rechteinhaber abhängig sind und deswegen der Spielbetrieb dieser Saison im Idealfall bis Ende Juni abgehakt sein muss. „Vielleicht kommen wir nun an einen Punkt, an dem wir uns eingestehen müssen, dass wir ein Produkt herstellen. Wenn es dieses Produkt nicht mehr gibt, gibt es uns nicht mehr“, lautete Seiferts Fazit.
Auch für den 1. FC Köln könnte sich einiges ändern Die UEFA als Dachverband räumte den Ligaverbänden in den Ländern diese Möglichkeit gestern ein, indem sie die Verschiebung der EM auf das kommende Jahr verkündete. Der Spielkalender wird sich in den kommenden Monaten daher erheblich verändern, aber die große Ungewissheit bleibt. Ab wann kann wieder gespielt werden? Welche Rolle spielen eventuelle Fälle von Covid-19 in den Profi-Kadern? Kann unter solchen Umständen überhaupt ein Wettbewerb zum Ende gebracht werden?
Auch die finanzielle Komponente lässt viele Fragen zu. Für einen Verein wie den 1. FC Köln stellt sich diese Herausforderung natürlich auch, weil er als Mitglied des deutschen Fußballs auch vor Sachzwängen steht und neben den Profifußballern auch Teilzeitkräfte in der Geschäftsstelle bezahlen muss.
Die bisherigen Organisationsstrukturen und finanziellen Gegebenheiten könnten sich daher auch beim FC drastisch verändern, was vor allem der Blick in die Vergangenheit zeigt. Denn speziell in den letzten Transferperioden nahm der Verein mehr Geld für Spielertransfers in die Hand, als eigentlich vorhanden war – mit einem Vorgriff auf künftige Einnahmen wurden unter anderem Transfers wie der von Sebastiaan Bornauw realisiert, dessen ehemaliger Verein aus Anderlecht immer noch regelmäßig Ablösezahlungen in Tranchen vom 1. FC Köln bekommt. In dieser medizinischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ausnahmesituation könnte man, so einige Beobachter, auch den Schluss zulassen, dass vielleicht externe Geldgeber einen Verein unterstützen können.
Das ganze System hinterfragen? Ja, bitte! FC-Geschäftsführer Horst Heldt sagte dazu, dass es „sinnvoll“ sei, „in Krisen das ganze System zu hinterfragen.“ Er relativierte diese Aussage gleichzeitig und betonte, dass er nicht die 50+1-Regelung abschaffen wolle. Aber ist es nicht eher verwunderlich, dass der Profifußball in einer (zugegebenermaßen) ernsten Krise gleich vor dem Aus steht? Es erscheint kurios, dass die Mitglieder der Bundesliga und damit der Cash Cow im deutschen Fußball zuerst von Untergangsszenarien reden. Rufe nach Solidarität und finanzieller Umverteilung wurden natürlich von kleineren Vereinen laut, die in dieser Situation das Geld dringend nötig hätten. Schließlich fehlen fast 400 Millionen Euro an Fernsehgeldern. Doch weder Seifert noch BVB-Boss Hans-Joachim Watzke bei seinem Auftritt in der Sportschau legten den Eindruck nahe, dass das eine wirkliche Option sein könnte.
Der Impuls von Horst Heldt, das ganze System zu hinterfragen, kann dabei schon eher helfen, mit den Umständen klarzukommen. Was würde es brauchen, um den deutschen Profifußball langfristig etwas gesunder und weniger krisenanfällig zu machen? Der Einstieg von Investoren erscheint auf den ersten Blick in dieser Situation als Möglichkeit, aber dem stehen aktuell die Regelungen der DFL entgegen. Die Frage muss aber auch erlaubt sein, ob ein Investor aktuell und in Zukunft überhaupt Interesse daran hätte, beispielsweise beim 1. FC Nürnberg einzusteigen, dessen Liquidität sicherzustellen und damit Arbeitsplätze zu retten. Beim 1. FC Köln verhindert ein solches Szenario dankenswerterweise die Satzung des Vereins.
Die Gehälter von Fußballprofis als erste Baustelle In der aktuellen Notsituation wird auch darüber diskutiert, ob Profifußballer nicht auf einen Teil ihres Gehalts verzichten könnten, um den Verein zu unterstützen. Dieser Vorschlag war unter anderem von CSU-Politiker Markus Söder vorgebracht worden. Auch darauf reagierte Horst Heldt, dieses Mal sogar sehr deutlich. „Es wäre absolut sinnhaft, sich mit populistischen Scheißhausparolen im Sinne der Verantwortung zurückzuhalten“, lautete die etwas empfindliche Antwort des Kölner Geschäftsführers, der betonte, dass Fußballer ein soziales Gewissen hätten und sich ihrer Verantwortung bewusst seien. Das Thema Gehaltsverzicht werde in aller Ruhe diskutiert, schob er nach.
Vielleicht hilft es, auf einer anderen Perspektive auf die Situation zu blicken – wären nicht Gehaltsobergrenzen eine Möglichkeit, um sinnvoller und nachhaltiger zu wirtschaften? Wenn ein Verein dazu nur noch einen bestimmten Prozentsatz seiner Ausgaben für den Lizenzspielerkader aufwenden würde, wäre mehr Gleichgewicht geschaffen, ohne gleich das Skalpell anzulegen.
Das alles zeigt, dass die Branche Profifußball gerade sehr ins Wanken gerät. Die DFL steht vor dem Kollaps, sollte in einigen Wochen nicht weitergespielt werden können. Gewissheiten brechen weg, Zahlungsquellen versiegen, die Verantwortlichen werden nervös. Eines steht aber fest: Fußball wird es danach immer noch geben, egal in welcher Form. Und dieser Gedanke ist, trotz aller Untergangsszenarien, in diesen Tagen einigermaßen beruhigend. Irgendwann wird es wieder möglich sein, das eigene Lieblingsteam anzufeuern.
Stephan Schell: „Die hässliche Fratze des Fußballs steht nicht in der Kurve“ Stephan Schell setzt sich nicht nur für den 1. FC Köln, sondern auch für Fanbelange ein. Im zweiten Teil des Interviews sprechen wir über die kommende Zeit ohne Profifußball, Protestaktionen und den Konflikt mit den Fußballverbänden.
Durch die Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie ruht in Deutschland aktuell der Spielbetrieb. Die Südkurve in Köln ist verwaist, am Geißbockheim ist ebenfalls nichts los. Bis vor einigen Wochen noch waren die Diskussionen um die Beleidigungen gegen Dietmar Hopp das bedeutende Thema, mit dem sich Fußballinteressierte in Deutschland auseinandersetzten. Daran wurde deutlich, welche tiefen Gräben zwischen engagierten Fans auf der einen und den hart durchgreifenden Fußballfunktionären auf der anderen Seite verlaufen. Mittlerweile ist das Thema in den Hintergrund gerückt, weil die Ausnahmesituation unser Leben bestimmt. Wir haben aber trotzdem mit Stephan Schell, aktiv bei der Wilden Horde, der „Südkurve Köln“ und in verschiedenen Fanorganisationen, über die Streitpunkte und Protestformen gesprochen. (Den ersten Teil des Interviews, das sich eher mit dem 1. FC Köln beschäftigt, findet ihr hier.)
Der deutsche Profifußball ist bis mindestens Anfang April auf Eis gelegt, auch danach ist noch nicht ganz klar, wie es weitergeht. Was plant die Kölner Kurve für diese Zeit? Welche Aktionen möchtet ihr vorantreiben? Die Meisten bleiben zurzeit so gut es geht zuhause. Es gibt zwar Ideen, aber ob wir diese in die Tat umsetzen, hängt davon ab, wie sich das Ganze entwickelt. Wir helfen ja niemandem, wenn sich noch mehr Leute anstecken – ein bisschen soziale Verantwortung muss da schon sein, auch wenn ich nicht denke, dass jeder, der draußen rumläuft, egoistisch handelt. Die Supermärkte leer zu kaufen und sich um die Bedürfnisse anderer einen Scheiß zu kümmern ist da leider ein wesentlich deutlicheres Abbild unserer Gesellschaft. Über allem steht die Gesundheit, das ist keine Frage, jedoch sollte man gerade aktuell auch kritisch bleiben. Auch wenn es sicherlich erforderlich ist, habe ich einen derartigen Eingriff in die Freiheit in dieser Form beispielsweise noch nicht erlebt.
Die DFL hat sich in den letzten Tagen nicht überall beliebt gemacht. Erst sollte der 26. Spieltag unbedingt durchgedrückt werden, dann wurde er doch abgesagt. Am Montag beschwor Christian Seifert nun das Untergangsszenario, das dem deutschen Fußball drohe, wenn nicht weitergespielt werden könne. Wie beurteilst du das jüngste Vorgehen der DFL? Die Welt geht nicht unter, wenn kein Fußball gespielt wird. Es kommt nur weniger Kohle rein und davor haben die Verantwortlichen Angst. Mit der zögerlichen Absage des Spieltags und Äußerungen, dass es „um Finanzen“ geht, hat man sich verraten und einige Vereine, die aufgrund der aktuellen Situation offenbar auf die Hilfe von den „Big Playern“ der Branche angewiesen sind, müssen sich wahrscheinlich bald umgucken. Das derzeitige Problem wurde von vielen vorausgesagt: Jahrelang wurde der Fußball kommerziell überstrapaziert und dabei insbesondere die Gehälter einiger Spieler immer weiter nach oben geschraubt. Das steht doch alles schon lange nicht mehr im Verhältnis zur Normalität.
Diejenigen, die dafür die Verantwortung tragen, haben völlig zu Recht Angst davor, dass ihnen dieser ganze Mist bald auf die Füße fällt. Wenn da mal ein paar Wochen so gut wie nichts reinkommt, wird’s hektisch. Der Profifußball müsste sich nun mehr denn je seiner Verantwortung bewusst werden. Nicht nur gegenüber den Fans, sondern auch gegenüber seinen normalverdienenden Arbeitnehmern. Stattdessen hat man derzeit das Gefühl, dass noch Uneinigkeit herrscht. Ideen wie Gehaltsverzicht der Spitzenverdiener und Solidaritätsfonds sind vielleicht gar keine schlechten Ansätze. Die ersten haben ja schon etwas dazu veröffentlicht.
Währenddessen pocht die DFL immer noch darauf, die Spiele zeitnah ohne Zuschauer austragen zu können, um die Einnahmen aus TV-Geldern und Sponsoren nicht zu verlieren. Spannend wird die Situation auch im Hinblick auf die beginnende Transferperiode, sofern sie denn in der üblichen Form stattfindet. Der Fußball befindet sich also definitiv auf dem Prüfstand. Ich habe die Befürchtung, dass die Befürworter von Investoren-Einstiegen diese Gelegenheit ausnutzen wollen. Doch den Ausverkauf weiter voranzutreiben ist genau der Weg, der uns weiter in die Sackgasse führt. Die Fußballfans, die das nicht wollen, sollten wachsam sein und derartige Bestrebungen im Keim ersticken. Im Fall des 1. FC Köln sind wir Gott sei Dank gut aufgestellt. Dieser Verein benötigt keinen Investor! Wir haben eine Satzung, die Grenzen festlegt, und Gremien, deren Mitglieder auch mein Vertrauen genießen, in diesem Zusammenhang die richtige Entscheidung zu treffen.
Der 1. FC Köln spielte letzte Woche Mittwoch in Mönchengladbach das erste Mal in der Bundesliga in einem „Geisterspiel“ – diese Form der Austragung könnte auch in den kommenden Monaten, sofern es das Corona-Virus zulässt, eine Option sein. Das heißt aber auch, dass viele Menschen, die für ihre Tickets bezahlt haben, nicht ins Stadion gehen können. Wie hat sich der Verein deiner Meinung nach in dieser Sache verhalten? Ich sehe das bislang mit gemischten Gefühlen. Es gab ja eine Stellungnahme vom Fanprojekt, dass die Leute auf die Erstattung der Eintrittskarten verzichten sollten. Gegenüber den Mitarbeitern vom Fanprojekt, die wirklich gute Arbeit leisten, tut mir diese Aussage leid, aber das hatte schon einen faden Beigeschmack. Auf mich wirkte es zumindest so, als würde der Verein das Fanprojekt für eigene wirtschaftliche Interessen missbrauchen. Einige Zeit später versendete der FC eine E-Mail an alle Tageskartenbesitzer für das Heimspiel gegen Mainz. Dort wurde neben anderen Optionen ein Shirt mit dem Slogan „ich war dabei“ angeboten. Als Ausgleich dafür, dass man nicht dabei sein kann, auf die Rückerstattung verzichtet und auch nur dann, wenn man eine Tageskarte besitzt: Auf die Idee muss man erstmal kommen. Durch die Absage des Spieltags blieben dann alle davor verschont.
Jetzt sollte man die Zeit nutzen, es besser zu machen. Es wurde beispielsweise auch angeboten, der FC-Jugend etwas zu spenden. Das wäre in meinen Augen die bessere Variante. Darüber hinaus muss man noch positiv erwähnen, dass sich die FC-Vertreter für die Absage stark gemacht haben. Was aber bleibt, ist die Gewissheit, dass es offenbar auch beim 1. FC Köln einige Personen gibt, deren Denkweise und Handeln eindrucksvoll beweisen, wie schief es derzeit im Profifußball läuft. Sorry, aber dem normalen Fan, der sich ein Ticket eventuell zusammensparen und dafür auf andere Sachen verzichten muss, ist doch nur schwer vermittelbar, dass er kein Geld zurückbekommt, während woanders Millionen verdient werden. Hier läuft man Gefahr, einige Leute auf lange Zeit zu verprellen.
Auf der anderen Seite muss man aber auch sehen, dass man sich gerade in Köln immer massiv gegen einen Einstieg von Investoren gewehrt hat und irgendwoher muss der Verein ja sein Geld kriegen. Da sind Einnahmen aus Eintrittskartenverkäufen nun mal eine Basisgröße und mir wesentlich lieber, als dass sich der nächste „Gönner“ unserem Verein anbiedert. Ich für meinen Teil werde mein Geld für die Tickets daher nicht zurückverlangen und hoffe, dass ich nicht der einzige mit dieser Sichtweise bin. Außerdem sollten sich alle überlegen, in welchem Umfang man die Jugendmannschaften des 1. FC Köln am besten unterstützen kann. Es ist ja mittlerweile auch dem letzten klar, dass man dort am falschen Ende sparen würde. In einer idealen Welt würde man im Gegenzug dafür mal ausloten, wie man dieses ganze System wieder ein bisschen erden kann. „Gemeinsam gewinnen alle“ könnte in der aktuellen Lage vielleicht der richtige Lösungsweg für einige Probleme sein.
Zuletzt waren die Aktionen der Ultras und Fans in aller Munde, weil Ende Februar Spiele wegen Plakaten und Sprechchören gegen Dietmar Hopp unterbrochen wurden. Mittlerweile ist die Bundesliga wegen eines Virus ausgesetzt – das ging schon alles sehr schnell. Erst standen die Fanszenen im Kreuzfeuer, aber dann wendete sich das Blatt und man diskutierte auch über den DFB. Jetzt haben wir alle durch das Corona-Virus selbstverständlich ganz andere Probleme. Fußball ist in solchen Momenten eben auch nur Nebensache. Wer weiß, wie das jetzt alles weiter geht. Wenn irgendwann wieder Fußball mit Zuschauern gespielt wird, kann man sich damit befassen, die Forderungen der aktiven Fanszenen argumentativ zu vermitteln und inhaltlich auf eine strategischere Stufe zu stellen.
Was würdet ihr euch davon versprechen? Der Profifußball muss wieder zum Volkssport werden. Ich bin es leid, dass mir Oligarchen den Fußball erklären wollen, den sie allenfalls von der VIP-Tribüne erleben. Meinetwegen haben diese Leute auch ihren Platz im Fußball, aber dann bitte auch mit dem gleichen Stellenwert wie die Kutte in der Kurve, der Ultra auf dem Zaun und der Trikotträger auf den Rängen.
Was einige jetzt wieder als „romantisch“ verklären, ist eine Vision, den Sport wieder seiner Basis zurück zu führen. Fußball kann die Menschen miteinander verbinden und jeder kann teilhaben, egal ob arm oder reich. Fußball lebt von Partizipation, von Ehrenamt und von einer Gemeinschaft, so verschieden sie auch sein mag. Das ist das, was mich an diesem Sport einst so fasziniert und mich damals dazu bewogen hat, Mitglied beim 1. FC Köln zu werden. Natürlich muss jeder Verein auch zusehen, dass optimal gewirtschaftet wird, aber Mitspracherecht und Identität werden meiner Ansicht nach immer über Gewinnmaximierung stehen. Wir bekommen es doch gerade mit, wohin es führen kann, wenn die Absichten, das Produkt zu verkaufen, den Wettbewerb verdrängen.
Ich bin mir übrigens ziemlich sicher, dass der Profifußball hierzulande ohne die ständigen Proteste der Fanszenen ganz anders aussehen würde. Das ist alles keine Selbstverständlichkeit – diese Sachen, die für viele als völlig normal gelten, wurden hart erkämpft. Es ist daher wichtig, dass die Diskussionen, die seit über zwei Jahrzehnten geführt werden, nicht aufhören.
Glaubst du, dass diese Diskussion um die Beleidigungen gegen Dietmar Hopp etwas bewirkt haben? Die Debatte entwickelte sich ja nach einigen Tagen weiter und hat vielleicht auch den ein oder anderen zum Umdenken bewegt. Das hatte man auf der einen Seite dem bigotten Verhalten nicht weniger Fußballfunktionäre zu verdanken, aber auch den Protesten im Stadion. So wurde dem ein oder anderen Fanvertreter in der Öffentlichkeit Raum gegeben, die seit Jahren im Raum stehenden Forderungen erneut sachlich zu formulieren. Das ist in meinen Augen schon ein Erfolg.
Momentan läuft die Form der Vernetzung über die Organisation „Fanszenen Deutschlands“. Wie hat sich diese Organisation entwickelt und was hat sie bisher erreicht? Die Organisation hatte ihren Ursprung mit dem Auftritt der Dresdner damals in Karlsruhe. Danach sind viele Fanszenen an einen Tisch gekommen. Durch verschiedene Aktionen im Stadion haben die „Fanszenen Deutschlands“ viel Aufmerksamkeit generiert, aber ihre Positionen auch auf anderen Wegen deutlich gemacht. Es gab zum Beispiel nach den letzten Spruchbändern eine Stellungnahme aller teilnehmenden Fanszenen, in dem die Sachlichkeit wieder in den Vordergrund gestellt wurde. Die Forderungen in Form der Positionspapiere wurden schon vor langer Zeit veröffentlicht und sind auch den Herrschaften beim DFB bekannt. Bezüglich erreichter Ziele kann man sich wohl die Abschaffung der Montagsspiele als prominentestes Beispiel zu einem guten Teil auf die Fahnen schreiben.
Die Empörungskurve war auf jeden Fall sehr hoch, nachdem Spiele wegen Beleidigungen unterbrochen wurden. War das ein bewusstes Ziel der Aktionen gegen Dietmar Hopp? Es wurde über Jahre hinweg versucht, auf die Problematik mit sachlichen Mitteln aufmerksam zu machen. Dafür hat sich jedoch schlicht und ergreifend niemand interessiert. Ich denke nicht, dass Spielunterbrechungen von vornherein ein Ziel waren. Im Anschluss war es dann schon amüsant zu beobachten, wie öffentliche Wahrnehmung funktioniert. Grundsätzlich wollten sich aber auch viele einfach nicht von seinen massenhaften Anzeigen und seiner Selbstinszenierung unterkriegen lassen. Auf der Einbahnstraße der Selbstbeweihräucherung kann man sich schnell verfahren. Als Mitglied einer Ultrasgruppe weiß ich, wovon ich spreche.
Die krassesten Szenen gab es beim Spiel in Hoffenheim, als sich die TSG und der FC Bayern München am Ende nur noch die Bälle zuspielten. Am Abend und damit nur kurze Zeit später spielte der 1. FC Köln gegen Schalke. Wie ist das Thema so schnell nach Köln gekommen? Genau, die Geschichte hat sich dann verselbstständigt, als sich beim Spiel der Bayern in Sinsheim der Ball hin und hergeschoben wurde. Beim Stand von 6:0 übrigens eine prima Leistung. Was hätten die Bayern wohl gemacht, wenn es zu diesem Zeitpunkt unentschieden gestanden hätte? Durch die abendliche Spielansetzung haben wir das natürlich mitbekommen. Als das Spruchband dann präsentiert wurde, habe ich mich dann schon gewundert, dass es auch bei uns zur Spielunterbrechung führte. In Köln gab es weder ein Fadenkreuz noch eine unmittelbare Personalisierung, wenn man die einzelnen Gesänge mal außer Acht lässt. Ich glaube auch, dass es keinen gejuckt hätte, wenn nicht die Mannschaft inklusive Trainerstab zu uns an die Kurve gekommen wäre. Eigentlich lustig und traurig zugleich, dass es eine Handvoll Jecken schaffen, die Infrastruktur des deutschen Profifußballs mit einem Transparent zu crashen. Nach ein paar Minuten war der Spuk aber auch wieder vorbei und es konnte Fußball gespielt werden.
Wie hast du die ersten Reaktionen auf diese Eskalation gesehen? Hat es was gebracht? Im Müngersdorfer Stadion hat ein nicht unerheblicher Teil zum Ausdruck gebracht, dass er nicht gut findet, was da gerade abgeht. Das muss akzeptiert werden, auch wenn ich es mir sicherlich anders gewünscht hätte. Nach dem Spiel habe ich die Diskussionen hier in Köln aber als sehr sachlich empfunden. Das hat auf der einen Seite damit zu tun, dass Horst Heldt an jenem Samstag im Vergleich zu anderen Funktionären erfrischend nüchtern und differenziert rüberkam. Auf der anderen Seite denke ich, dass es in Köln ausreichend Grundlagen für einen Dialog unter den FC-Fans gibt. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Haben wir schon sehr oft erlebt und können auch damit leben.
Im Rest des Landes ging es zwar noch bis Montag hoch her, aber mit dieser Schwarmintelligenz weiß man ja umzugehen. Der DFB ruderte wenig später zurück und somit gab es auch keine Spielunterbrechungen mehr. Geblieben ist die Frage, wo sich der deutsche Fußball aktuell befindet.
Dem DFB und seinem Drei-Stufen-Plan kam in dieser Sache eine entscheidende Rolle zu. Wie hast du das Verhalten des Verbands in dieser Sache beurteilt? Diese Nummer ist nicht neu. Die UEFA hat das vor Jahren entwickelt. Da war der Hintergrund allerdings Rassismus. Dagegen kann keiner was sagen. Der DFB hatte vor dem besagten Spieltag diese Nummer jedoch ganz anders ausgelegt. Dieser Fehler wurde in Teilen bereits eingestanden. Ich glaube, ohne die Proteste hätten wir jetzt eine Situation, in der die Meinungsfreiheit in den Stadien eingeschränkt wäre. Es gab ja auch Spielunterbrechungen wegen Spruchbändern, die konstruktive Kritik beinhalteten. Man sieht also, wie wichtig es ist, seine Meinung zu äußern und am Ball zu bleiben.
Es gab dann auch Versuche, die Beleidigungen gegen Hopp auf eine andere Ebene zu hieven, um dem Ganzen mehr Bedeutung zu verleihen. Wenn jemand meint, die Plakate gegen Dietmar Hopp auf eine Stufe mit einem zehnfachen Mord zu stellen, kann ich das nicht nachvollziehen. Mord zu relativieren, um kritische Fans moralisch ins Abseits zu stellen, ist schon harter Tobak. Daran lässt sich erkennen, dass es den Hardlinern schon lange nicht mehr nur um Ultras geht. Themen wie Abschaffung der Stehplätze und personalisierte Tickets liegen doch schon seit langen in den Schubladen einiger Akteure und betreffen jeden Stadiongänger. Die kommen jedes Mal erneut mit ihren Floskeln um die Ecke und wollen dann nebenher noch „zufälligerweise“ die 50+1-Regel abschaffen. Mich langweilt das nur noch.
Das Thema betrifft also nicht nur die Ultras in den Kurven, sondern alle Fans? Es war schon immer so, dass die Themen der aktiven Fanszene nicht nur die Ultras betreffen. Nehmen wir doch zum Beispiel den Kölner Südkurvenverbund. Bei uns sind nicht nur die Ultrasgruppen Mitglied. Auch Fanclubs wie der Kölsche Mythos, Fantastica Colonia und Cologne Power East Belgium organisieren sich in der Südkurve 1. FC Köln. Die Inhalte der Proteste teilen wir oftmals gemeinsam, wenn auch die Formen unterschiedlich sind. Stehplätze, Ticketpreise und Spielansetzungen sind aber alles Themen, die jeden Stadionbesucher betreffen. Auch wenn bei Gegenwind mal schnell gepfiffen wird, profitieren am Ende alle Stadionbesucher von den Vorteilen der Proteste der aktiven Fanszenen.
Die Kritik an den Aktionen gegen den einstigen Hoffenheimer Mäzen beruft sich vorrangig auf die Art und Weise und die Wortwahl. Musste es denn gerade so ablaufen? Ich kann nachvollziehen, wenn sich nicht jeder mit einer derartigen Herangehensweise einverstanden zeigt. Teilweise lief es wirklich etwas plump ab, auch wenn ich mich frage, warum man sich angesprochen fühlt, wenn Beleidigungen nicht unmittelbar personalisiert sind. Der Kritik über die Art und Weise muss man sich stellen, man sollte aber auch mal die Kirche im Dorf lassen. Auch wir müssen uns Beleidigungen anhören. Wie wahrscheinlich jeder andere Fußballfan und viele Spieler sowie Funktionäre ebenso. Die Spieler, die über diesen Beleidigungen standen, haben sich in der Regel nach ein paar Spielen auch nichts mehr anhören müssen. Die Geschehnisse müssen nicht zwangsläufig relativiert werden, aber richtig einordnen sollte man sie schon.
Ultras wird häufig nachgesagt, sie hätten ein romantisches Verhältnis zum Profifußball, das eh nicht der Realität entspricht. Was entgegnest du Leuten, die so etwas sagen? Ich glaube, dass bei unbequemen Meinungen schnell versucht wird, diese nur mit den Ultras zu verbinden, da man diese sehr viel einfacher diskreditieren kann. Oder es wird einfach alles als amateurhafte „Fußballromantik“ abgetan, um sich bloß nicht ernsthaft damit auseinanderzusetzen. Die Zeichen der Zeit sprechen allerdings eine ganz andere Sprache. Ich für meinen Teil sage, dass Geld nicht zum Erfolg führt, sondern die richtigen Entscheidungen. Mittlerweile ist der FC ja wieder das beste Beispiel dafür, so komisch das auch klingen mag (lacht).
Wenn ich mir die Situation in Köln vor Augen führe, würde ich schon behaupten, dass es bei uns bestimmt nicht nur Ultras sind, die einen Investoreneinstieg ablehnen. Nicht nur, weil dies der richtige Weg zu nachhaltigem Erfolg ist. Ich glaube, vielen ist auch wichtig, die Identität des Vereins nicht zu verkaufen. Der 1. FC Köln gehört seinen Mitgliedern! Dafür, dass dies auf ewig so bleibt, kämpfe ich und ich weiß, dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen. Auch wenn das jeder selbst für sich entscheiden muss, glaube ich, dass man sogenannte Grenzüberschreitungen dafür mal in Kauf nehmen kann, ohne direkt in Schnappatmung zu verfallen.
Wie die Verwendung des Wortes „Hurensohn“ oder ein Mann im Fadenkreuz also. Es geht mir weniger um die Beleidigungen als um die Sache, die erreicht wird. Ich kann verstehen, dass viele Leute damit ein Problem haben, aber es ist doch auch schade, dass wir immer nur darüber sprechen. Vielleicht stellt man sich auch mal die Frage, warum man offenbar nur dann Gehör findet, wenn man polarisierend auftritt. Wie schon gesagt, es gab in Köln so viele sachliche Spruchbänder und Texte zum Thema 50+1, die so gut wie nie Erwähnung fanden. Meine Gruppe organisierte eine Ausstellung zum Thema Werksvereine, die kein Schwein interessierte. Die Südkurve verteilte zum ersten Heimspiel gegen RB Leipzig einen aufwändigen Flyer. Ich bin mir sicher, dass nur die wenigsten etwas davon mitbekommen haben. Offenbar ist das Kratzen an Grenzen also notwendig für individuelle und gesellschaftliche Entwicklungen. Wo würden wir heute stehen, wenn zum Beispiel Gewerkschaften niemals zu Streiks aufgerufen hätten?
Ihr nutzt dafür das Stadion als Bühne. Die Leute fragen mich oft: „Müsst ihr das unbedingt im Stadion machen? Müsst ihr die Plattform Stadion ausnutzen?“ Verdammt nochmal, ja, natürlich müssen wir das! Du musst den Stachel doch dort reinsetzen, wo es weh tut, sonst wirst du doch nicht wahrgenommen. Wenn man so einen Stil fährt, macht man sich selbstverständlich nicht nur Freunde, aber man bekommt die notwendige Öffentlichkeit und regt gewiss auch zum Nachdenken an.
Wie reagierst du darauf, dass ein Mann wie Karl-Heinz Rummenigge dann von Würde und Anstand spricht? Er ist vorbestraft wegen der verbotenen Einfuhr von Luxus-Uhren. Würde und Anstand haben nicht wenige Fußballfunktionäre vermissen lassen, als es darum ging, den Spieltag aufgrund der Corona-Krise rechtzeitig abzusagen. Als die Herrschaften sich dann endlich dazu durchringen konnten, gab es schon viele Fanszenen, die für sich festgehalten hatten, dieser besonderen Situation Tribut zu zollen und nicht am Stadion aufzutreten. Es fällt mir schwer, mit dem Finger auf andere zu zeigen, aber ich bin auch nicht dazu bereit, mich von den Leuten, die diesen Sport seit Jahren übervermarkten, auf die „dunkle Seite“ schieben zu lassen. Die „hässliche Fratze des Fußballs“ steht nicht in der Kurve!
Wie wird der Konflikt mit dem DFB nun weitergehen? Was erwartest du für die kommenden Wochen? Naja, jetzt haben wir alle erstmal anderes zu tun. Die Eindämmung des Corona-Virus wird uns alle noch etwas beschäftigen und offenbar haben das jetzt auch die Funktionäre verstanden. Irgendwann wird natürlich auch wieder Fußball gespielt und dann wird man sehen, was passiert. Diese Konflikte haben ja nie wirklich aufgehört. Das ist wie eine lodernde Flamme, auf die jemand ab und an mal ein Stück Holz wirft. Wenn es irgendwann mal wieder losgeht, dass auch Zuschauer in die Stadien dürfen, glaub ich jedoch, dass alle erstmal froh sind, dass es sich wieder normalisiert. Außerdem wird der 1. FC Köln ja noch den Einzug in den Europapokal schaffen. Dann haben wir nochmal ganz andere Sorgen. Zum Beispiel muss ich mir dann einen Finanzplan aufstellen lassen (lacht).
Dass wir nicht aufhören, Sachen zu hinterfragen, gehört natürlich auch weiterhin zu unserer Natur als kritische Fans. Meines Erachtens nach muss man sich in nächster Zeit ganz klar dem Strafensystem des DFB widmen. Wann und in welcher Form das sein wird, kann nicht sagen.
Das kommt speziell dann zum Tragen, wenn beim FC in der Kurve wieder Pyrotechnik gezündet und dann verlässlich ein Strafbescheid des DFB versendet wird. Ich möchte nicht, dass der 1. FC Köln Geld zahlen muss. Seit Jahren fordern die aktiven Fanszenen die Abschaffung des Paragraphen 9a der Strafgerichtsbarkeit des DFB (die sogenannte verschuldensunabhängige Haftung, Anm.d.Red) und protestieren auf verschiedenen Wegen gegen dieses parallele Strafensystem. Es ist also nicht so, das einfach Pyrotechnik gezündet und es den Leuten in der Kurve, die darauf Bock haben egal ist, dass der Verein deswegen bezahlen muss. In dieser seit Jahren geführten Debatte wurde ja nicht nur protestiert. Es wurden auch alternative Wege aufgezeigt und sich dabei sogar selbst kanalisiert. Die verantwortlichen Personen in den Vorstands- und Verbandsetagen ließ das bekanntlich kalt. Damals schlug man jungen Leuten die Türe vor der Nase zu und es ist bis heute nicht anders geworden, dass die Hardliner bei diesem Thema viel unternehmen, um die Deutungshoheit nicht zu verlieren.
Auch wenn mich die Bilder in Hamburg ehrlicherweise nicht abgeholt haben, ist es doch bezeichnend, dass es selbst dann noch Leute gibt, die dagegen schießen, wenn das Ganze angemeldet ist (Anm. d. Red.: Mitte Februar wurde beim HSV legal Pyrotechnik gezündet). Hier geht es dann nur noch darum, gegen Ultras Politik zu machen. Dann kann ich die jungen Leute auch verstehen, dass man sich keine Gedanken um Alternativen machen muss, wenn man ohnehin nur verarscht wird.
Das würde bedeuten, dass die Kurven gänzlich unabhängig wären. Darin würde mancher bestimmt eine Gefahr sehen. Die Fankurven in Deutschland können sich selbst regulieren, das haben sie oft genug bewiesen. Natürlich gab es immer wieder Ausfälle, wo es besser hätte laufen müssen. Aber genau nach diesen Geschehnissen wurde sich in vielfältiger Form auch häufig zu Wort gemeldet und gesagt: Passt auf, das war nicht gut, hier müssen sich jetzt Sachen ändern. Wo gibt es diese Form der Selbstorganisation in unserer Gesellschaft noch? Dem Fußballfan wird sehr oft nachgesagt, dass er keine Selbstreflektion betreibt. Auf mich wirkt es eher so, dass gerade die aktiven Fans sich stetig selbst hinterfragen.
Aber irgendwie muss doch eine Kurve auch kontrolliert werden, oder nicht? Es gibt wenige Bereiche in Deutschland, die so umfassend kontrolliert werden wie ein Fußballstadion. Über Aussagen, dass Fankurven nicht zu rechtsfreien Räumen mutieren dürfen, kann ich nur lachen. Die Strafgesetze in Deutschland sind ausreichend. Wozu also noch ein zusätzliches Strafensystem der Verbände? Durch den temporären Verzicht des DFB auf Kollektivstrafen gab es ja auch mal Ansätze, die in die richtige Richtung liefen. Für einen Dialog mit dem Verband muss aber mehr kommen. Ich bin realistisch und glaube, dass dies in der aktuellen Verbandskonstellation nicht mehr passieren wird. Wenn die Corona-Krise vorbei ist, wird es spannend sein, wie DFB und DFL mit der aktuellen Situation umgehen werden. Absichten, ein Produkt unter größtmöglichem Gewinn zu verkaufen und den sportlichen Wettstreit damit noch mehr in den Hintergrund zu drängen, müssen endlich eingedämmt werden. Nur so kann der Fußball seine Integrität behalten und die Fans an sich binden.
In welcher Liga als erstes wieder der Ball rollen könnte Der Ball ruht in Deutschland. Mindestens bis zum 2. April wird in der Bundesliga und der 2. Liga pausiert. Doch aktuell geht man bei der DFL davon aus, dass die Aussetzung des Spielbetriebes länger andauern wird. In der 3. Liga sind die Spiele sogar bereits bis zum 30. April eingestellt. Doch wie sieht es in den anderen Ligen und Verbänden aus? Der GEISSBLOG gibt einen Überblick.
Erstmals seit dem 2. Weltkrieg ist der Spielbetrieb in der Bundesliga und der 2. Liga ausgesetzt. Wie lange die Pause aufgrund der Corona-Krise andauern wird, ist nach aktuellem Stand noch nicht abzusehen. Sicher ist bislang nur, dass in den deutschen Stadien mindestens bis zum 2. April nicht gespielt wird. Damit fällt neben dem 26. Spieltag zunächst auch der 27. Spieltag in den beiden höchsten deutschen Spielklassen aus. In der letzten März-Woche soll schließlich erneut entschieden werden, wie es weiter gehen kann. Die DFL geht dabei allerdings nicht davon aus, dass der Spielbetrieb am ersten April-Wochenende wieder aufgenommen werden kann.
Doch nicht nur in der Bundesliga und der 2. Liga wird aktuell pausiert. In ganz Deutschland dürfen aktuell keine Spiele ausgetragen werden. In den meisten Vereinen ruht daher auch der Trainingsbetrieb. Doch nicht jeder Verband hat eine einheitliche Regelung, ab wann wieder Wettkämpfe ausgetragen werden dürfen. Nach jetziger Festsetzung könnte der Ball als erstes wieder im Saarland und in Rheinland-Pfalz rollen.
Übersicht: So lange setzen die Ligen aus
Bundesliga und 2. Liga Mindestens bis zum 2. April. Ab dem 30. März wird auf einer weiteren DFL-Mitgliederversammlung über die weiteren Planungen diskutiert.
3. Liga In der 3. Liga ist der Spielbetrieb sogar bis Ende April ausgesetzt. Erst ab dem 30. April könnten dort wieder Spiele ausgetragen werden. Dies beschlossen der DFB und die 20 Vertreter der Vereine in einer Videokonferenz. „Die Tragweite der aktuellen Krise ist immer noch nicht in vollem Ausmaß abzusehen. Unter Abwägung aller Aspekte und Interessen sind Verantwortung und Vernunft für uns die obersten Gebote. Vor diesem Hintergrund begrüßt der Ausschuss die heutige Entscheidung, die in Absprache mit den Klubs getroffen worden ist. Wir brauchen untereinander die größtmögliche Solidarität“, sagte der Vorsitzende des Ausschusses 3. Liga, Tom Eilers zu der Entscheidung.
Frauen-Bundesliga und Frauen-2. Liga Die Spiele der FLYERALARM Frauen-Bundesliga, der 2. Frauen-Bundesliga und des DFB-Pokals der Frauen pausieren vorerst bis einschließlich 19. April. Dabei sind in der Bundesliga die Spieltage 17 und 18 sowie in der 2. Liga die Spieltage 18-21 betroffen. Im DFB-Pokal der Frauen setzen zunächst die Viertel- und Halbfinalbegegnungen aus. Aktuell liegen noch keine offiziellen Hinweise zu einer potentiellen Absage des im RheinEnergieStadion in Köln ausgetragenen Pokalfinales am 30. Mai vor.
Junioren-Bundesligen In der A- und B-Junioren-Bundesliga setzt der Spielbetrieb ebenfalls vorerst bis zum 19. April aus. Damit eingeschlossen sind sämtliche Spiele der unterschiedlichen Staffeln und damit auch die U17 und U19 des 1. FC Köln.
Regionalliga West Nach einem Beschluss des Westdeutschen Fußball Verbandes (WDFV) wird die Regionalliga West bis zum 19. April pausieren. Davon betroffen ist demnach auch die U21 des 1. FC Köln.
Westdeutscher Fußball Verband Nicht nur die Regionalliga-West, sondern der gesamte Spielbetrieb im Westdeutschen Fußball Verband pausiert bis zum 19. April. Davon betroffen sind demnach auch die Regionalliga West der Frauen (1. FC Köln II) und Mittelrheinliga der B-Junioren mit der U16 des 1. FC Köln. Doch auch der Amateur-Fußball bis runter in die Kreisligen muss im Fußballverband Mittelrhein, Niederrhein und Westfalen bis eine Woche nach Ostern pausieren.
Andere Verbände Die meisten Fußballverbände in Deutschland haben sich auf den 19. April als Datum für die Aussetzung des Spielbetriebes verständigt. Allerdings gibt es ein paar wenige Ausnahmen. So wird in Hamburg bis zum 30. April nicht gespielt. Im Saarland und in Rheinland-Pfalz könnte der Ball hingegen schon früher wieder rollen. Im saarländischen Fußballverband gilt die Aussetzung zunächst bis zum 31. März. Hier könnte also Stand jetzt am 5. April als erstes wieder gespielt werden. Auch im Fußballverband Rheinland sollte bis Donnerstag Vormittag der Spielbetrieb lediglich bis zum 31. März ruhen. Inzwischen wurde die Aussetzung des Spielbetriebs aber auch dort auf den 19. April ausgeweitet. Im Saarland will man sich am Freitag erneut beraten.
Vom Gehalt bis zu Investoren: Die Krise kann den Fußball verändern Ist die Coronavirus-Krise in wenigen Wochen überstanden, ohne dass das Fußballbusiness großen Schaden nimmt? Oder wird die Pandemie mit ihren wirtschaftlichen Auswirkungen ganze Branchen und gesellschaftliche Bereiche nachhaltig verändern, so auch den Fußball? Abzusehen ist dies in vielen Bereichen bislang noch nicht. Klar ist aber: Der Fußball muss sich, wie viele andere Wirtschaftszweige auch, einige grundsätzliche Fragen stellen.
Beim 1. FC Köln ist es fast ein Sakrileg, öffentlich über das I-Wort zu sprechen: Investor. Der Verein gehört den Mitgliedern. Das ist eines der Gebote, das unumstößlich in der Satzung verankert ist. Doch was, wenn der Worst Case eintreten sollte? Was, wenn der 1. FC Köln in den kommenden Wochen und Monaten derart von der Krise getroffen würde, dass eine finanziell existenzbedrohende Situation eintreten sollte? Die FC-Bosse müssen sich mit dieser Frage gerade befassen. Die Deutsche Fußball Liga hat jedem Klub diesen Auftrag erteilt. Es müssen die „Extremst-Situationen“ durchexerziert werden. Was wäre, wenn?
Ernsthaft wollen sich viele Fans der Geissböcke diese Frage natürlich nicht stellen. Doch viele Klubs, nicht nur in der Bundesliga, müssen sich der harten Realität stellen, dass vielerorts die Geschäftsjahre auf Kante genäht sind. Der FC beispielsweise ging bewusst in die neue Spielzeit mit dem Wissen, einen zweistelligen Millionenbetrag im Minus abzuschließen. Der FC Schalke 04 hat gerade davon gesprochen, dass man ein „kalkuliertes Minus“ von über 20 Millionen Euro hingenommen habe in der abgelaufenen Spielzeit. Andere Klubs wie der HSV sind im zweiten Zweitliga-Jahr noch einmal erheblich ins Risiko gegangen, um den Aufstieg zu realisieren. Andere Vereine mussten den Abstieg verkraften und damit hohe Einnahmebußen. Auch die Geissböcke hatten das Vorjahr nur deshalb positiv abgeschlossen, weil man den Verkauf von Serhou Guirassy noch ins alte Geschäftsjahr bilanziert hatte, nicht mehr in die Erstliga-Saison. Allerorten im Profi-Fußball wird getrickst, werden Zahlungen verschoben, Transfervereinbaren über Jahre gestreckt, um die Liquidität aufrecht zu erhalten. Legale und legitime Bilanzspielereien, jedoch nicht bei allen Klubs ohne Risiko.
Und so spürt nun der eine oder andere Verein, dass die unvorhersehbare Coronavirus-Krise für ebenso unvorhersehbare Folgen sorgen könnte. Wann wird wieder gespielt? Wann fließen wieder Zuschauereinnahmen? Wird die letzte TV-Gelder-Tranche vollständig ausgezahlt? Wird überhaupt in dieser Saison noch mal gespielt? Welche einschneidenden Maßnahmen wären durchsetzbar, um die Kosten zu senken? Welche liquiden Mittel sind noch da, welche könnte man sich kurzfristig über welche Wege organisieren? DFL-Boss Christian Seifert hat angekündigt auf diese Fragen von den Vereinen Antworten zu erwarten, womöglich schon zum 30. März, wenn sich der Ligaverband mit seinen Vereinsvertretern wieder treffen und neu beraten will. Worüber jedoch auch dann wohl noch niemand wird sprechen wollen, sind die möglichen Szenarien, die sich aus der Krise ergeben könnten.
Drei mögliche Szenarien in der Krise Szenario 1 – Alles bleibt beim Alten: Das wäre allen Beteiligten am liebsten. Die Krise würde überstanden, im April würde der Ball wieder rollen, zunächst ohne Zuschauer, später wieder mit Zuschauern. Die TV-Gelder würden fließen. Freilich gäbe es finanzielle Schäden, aber keine, die nicht aufzufangen wären. Einige Klubs müssten größere Einbußen hinnehmen als andere, aber insgesamt würde der Fußball so weitermachen wie bisher.
Szenario 2 – Einige Klubs sind nicht zu retten: Nicht nur in der Bundesliga, sondern vor allem auch in anderen Ländern Europas müssen einige Vereine um ihr Überleben bangen. Das allgemeine Verständnis lautet: In Deutschland ist man auch aufgrund der eigenen, verhältnismäßig strengen Auflagen in der Lizenzierung besser gerüstet für Krisen als in anderen Ländern. Zwar sind in anderen Ländern die Besitzverhältnisse der Klubs offen für Investoren. Dennoch erwarten einige Experten bereits, dass es so manchen Klub, auch so manchen Erstligisten, in dieser Krise so hart treffen könnte, dass eine Insolvenz nicht abzuwenden wäre. Sollte es so kommen, würde eine besondere Situation eintreten. Zahlreiche Spieler, auch Topspieler, würden plötzlich auf den internationalen Transfermarkt kommen, verfügbar und womöglich gar ablösefrei. Sollte es zu dieser „Flut“ an Spielern kommen, hätte dies die Kraft den Transfermarkt verändern. Ein Spielerberater sagte dem GEISSBLOG.KOELN: „Je nach dem, wie viele Spieler plötzlich arbeitslos werden und wie viele Vereine in finanzielle Probleme geraten, könnte das die Gehaltsstrukturen grundlegend verändern.“ Der Gedanke dahinter: Je mehr Spieler auf einem gewissen Niveau verfügbar wären, desto mehr Verhandlungsspielraum hätten die finanziell gebeutelten Klubs. Zu einer Gehaltsrevolution würde es wohl nicht kommen, jedoch wohl zu einer Korrektur der Bezüge nach unten – zumindest vorübergehend.
Szenario 3 – Ist 50+1 in Deutschland noch haltbar? Die Frage stellen sich bekanntlich viele Fans und Klubs seit Jahren. Aufgeweicht bis ins Absurde ist die Regelung ohnehin schon. FC-Sportchef Heldt äußerte dazu bereits seine Gedanken: „Ich werde mich hier ganz sicher nicht hinstellen und sagen, dass ich für die Öffnung von 50+1 bin. Krisen führen aber immer automatisch dazu, dass man das ganze System hinterfragen muss, ob man wirklich krisensicher aufgestellt ist“, sagte der 50-Jährige, machte jedoch deutlich: „Ich bleibe Fußballromantiker und lasse mir das nicht nehmen. Wir sind in Deutschland auf der Augenhöhe mit Fans, wir haben ausverkaufte Stadien und Atmosphäre.“ Und dennoch: Das I-Wort könnte in Deutschland im Worst Case plötzlich eine neue Bedeutung erlangen. Nämlich dann, sollte ein Klub ohne Verkauf von Anteilen nicht überlebensfähig sein.
Beim 1. FC Köln ist dies klar geregelt: Bis 24,9 Prozent der Anteile am FC könnte der Vorstand ohne Zustimmung der Mitglieder verkaufen. Ab 25,0 bis 49,9 Prozent der Anteile bräuchte es eine einfache Mehrheit in der Mitgliederversammlung. Über 50 Prozent der Anteile wären nur veräußerbar, wenn eine Drei-Viertel-Mehrheit vorläge. Doch Achtung, die Satzung sieht auch vor: „Die Zustimmung der Mitgliederversammlung ist in der Regel vor einer entsprechenden Maßnahme einzuholen. Eine nachträgliche Genehmigung ist lediglich in Fällen ausreichend, in denen ein umgehendes Handeln des Vorstands erforderlich war, um einen drohenden schweren Schaden vom Verein und/oder seinen Beteiligungsgesellschaften abzuwenden.“ Der Vorstand hätte per Satzung also die Möglichkeit, mehr als die 24,9 Prozent der Anteile zu verkaufen, läge eine finanzielle Notsituation vor.
Von alledem will man am Geißbockheim natürlich nichts wissen. Der amtierende Vorstand hat sich vor seiner Wahl unzweideutig geäußert, dass der Verein in der Hand der Mitglieder bleibe. Jetzt allerdings blieb dem Team um Dr. Werner Wolf keine andere Wahl als einzugestehen: „Die wirtschaftlichen Folgen dieses Stillstands sind noch nicht absehbar. Das gilt auch für den 1. FC Köln“, schrieben Vorstand und Geschäftsführung in einem offenen Brief. „Wie wir mit den Folgen umgehen, wird aktuell für die unterschiedlichen Szenarien erarbeitet und intensiv von Geschäftsführung und Vorstand und mit den weiteren Gremien diskutiert.“ Erst, wenn absehbar ist, wie sich die Pandemie entwickelt und wann sich das gesellschaftliche Leben in Deutschland wieder normalisiert, werden echte Prognosen möglich sein. Klar ist: Niemand konnte vorhersehen, dass erstmals in der Geschichte der Bundesliga erst ein Spiel als Geisterspiel stattfinden und dann gar eine ganze Saison von der Absage bedroht sein würde. Das Coronavirus stellt die Verantwortlichen aller Klubs vor bisher nie dagewesene Herausforderungen. Und so diskutieren auch schon die Fans vieler Klubs, was ihnen lieber wäre: ihr Verein am finanziellen Abgrund oder die bittere Pille eines Investors, der den Spielbetrieb aufrecht erhalten würde. Auch deswegen hoffen nicht nur die Verantwortlichen, sondern auch die Fans auf Szenario 1.
FC-Trainer Markus Gisdol: „Wir müssen unserer Vorbildfunktion gerecht werden“ Die Corona-Krise stellt die Profis des 1. FC Köln laut Trainer Markus Gisdol in vielerlei Hinsicht vor extreme Herausforderungen. „Ich merke bei unseren Jungs schon, dass es den einen oder anderen trifft und Sorgen macht“, sagte Gisdol in einem Interview auf der Homepage der Kölner: „Ich empfinde es nur als normal, dass die Jungs diese sehr menschlichen Reaktionen zeigen.“
Auf der anderen Seite müssen die Spieler allerdings auch höchste Fokussierung an den Tag legen, um das vom Trainerteam erarbeitete individuelle Trainingsprogramm konsequent abzuarbeiten. „Als Profisportler oder Profitrainer muss man sich jetzt noch mehr auf seinen Job, auf seine Aufgabe konzentrieren, um das eigene Fitnesslevel beizubehalten“, berichtete Gisdol: „Dazu gehört ein gehöriges Maß an Disziplin.“
„Wir müssen die Situation ernst nehmen“ Dass sich die Kölner dieser Herausforderung stellen, ist für Gisdol aber selbstverständlich. „Wir müssen unserer Vorbildfunktion gerecht werden, auch wenn unsere Spieler allesamt den Anschein machen, als seien sie gesund. Und wir müssen die Situation ernst nehmen“, mahnte Gisdol.
Coronakrise: Profis des 1. FC Köln wohl zum Gehaltsverzicht bereit Die Fußballprofis von Borussia Mönchengladbach haben im Zuge der Corona-Pandemie als erste Spieler der Bundesliga einen freiwilligen Verzicht auf Teile des Gehaltes angekündigt, und die des 1. FC Köln könnten diesem Beispiel folgen.
„Jeder Verein muss da zwar seinen eigenen Weg finden, aber wir haben verantwortungsvolle Jungs bei uns, die der Ernst der Situation bewusst ist. Sie wissen um ihre privilegierte Stellung. Ich habe unsere Spieler so kennen gelernt, dass sie im Fall der Fälle bereit wären, auch ihren Beitrag zu leisten“, sagt FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Söders Vorstoß Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte einen Gehaltsverzicht der Fußballprofis angeregt. Er finde es in Ordnung, wenn viele derjenigen Spieler, „die ganz große Gehälter bekommen“, ihren Arbeitgebern gegenüber nun etwas zurückhaltender wären. Hier würden jedes Jahr Millionen verdient. FC-Sportchef Horst Heldt kanzelte in einer ersten Reaktion die Forderung des CSU-Politikers noch als „unverschämt und anmaßend“ und „populistische Scheißausdrücke“ ab, Fußballprofis hätten sehr wohl ein soziales Gewissen. Mit etwas Abstand drückte es Wehrle diplomatischer aus: „Wir werden uns sicher zu gegebener Zeit zusammensetzen und eine Lösung finden. Allerdings würden wir das aus freien Stücken tun und nicht auf Druck von außen.“ Einfordern könne man einen Gehaltsverzicht ohnehin nicht.
Rein rechtlich ist auch kein Profi zu freiwilligen Einbußen verpflichtet, auch die Klubs dürfen Gehälter nicht kürzen. In Zeiten ausbleibender TV-Gelder, fehlender Zuschauereinnahmen und Sponsoren mit eigenen Sorgen geht es aber bei vielen Klubs ans Eingemachte.
„Ich bin sehr stolz auf die Jungs. Sie wollen etwas an Borussia zurückgeben. Der Trainerstab hat sich dem angeschlossen, genau wie unsere Direktoren und Geschäftsführer“, sagte Sportdirektor Max Eberl. Die Borussia soll so nach Angaben der „Rheinischen Post“ monatlich mehr als eine Million Euro einsparen. Der Impuls zu dem ungewöhnlichen Schritt sei aus der Mannschaft gekommen, betonte Eberl. „Die Spieler wissen, was los ist. Die Mannschaft hat angeboten, auf Gehalt zu verzichten, wenn sie dem Klub und damit auch den Mitarbeitern helfen kann“, sagte Eberl.
„Sehen kaum bessere Möglichkeit“ - FC-Coach Gisdol erklärt sein Krisen-Management Auch für Markus Gisdol (50) ist es eine komplett ungewohnte Situation: Statt mit der Mannschaft des 1. FC Köln auf dem Trainingsplatz zu stehen, bleibt ihm nur das Warten auf grünes Licht.
Gisdol ist in der Bundesliga-Pause zur Untätigkeit verdammt – und doch in Gedanken bei seinen Profis: „Wir haben viele feinfühlige Spieler. Aber unsere Menschlichkeit ist unsere Stärke“, sagt der FC-Trainer.
Bei FC-TV sprach Kölns Coach über…
…seine Aufgabe und die seines Teams: „Es ist eine außergewöhnliche Situation, in der wir uns im Augenblick befinden. Wir hätten alle lieber einen normalen Trainingsbetrieb mit Ball und Zweikämpfen, aber das ist momentan nicht möglich. Wir müssen unserer Vorbildfunktion gerecht werden, auch wenn unsere Spieler alle gesund sind. Wir nehmen die Situation ernst.“
…das Training für die Spieler: „Wir haben die Belastung so gewählt, dass wir Spiele abbilden können. Wir wissen aber auch, dass das nie zu hundert Prozent möglich ist. Aber wir sind überzeugt, dass es für uns die beste Möglichkeit ist, Profi-Sportler auf einem vernünftigen Niveau zu halten. Als Profi-Sportler muss man sich noch mehr konzentrieren, um das eigene Fitnesslevel beizubehalten. Dazu gehört ein gehöriges Maß an Disziplin.“
…die Kommunikation mit den Spielern: „Wir werden im Austausch mit ihnen sein. Wir sehen auch kaum eine bessere Möglichkeit, mit der aktuellen Situation umzugehen, die sehr emotional ist.“
…der Umgang der Spieler mit der Situation: „Da muss man schon differenzieren. Sie gehen ihre Aufgaben pragmatisch um. Aber es geht auch darum, inwieweit jemand von der Situation emotional und menschlich berührt ist – da geht es uns wie jedem anderen Teil der Bevölkerung. Jeder hat Eltern und Großeltern, jeder macht sich deswegen umso mehr Gedanken.“
...über mögliche Hilfestellung für die Spieler: „Wir haben die Fragen, soweit es möglich ist, beantwortet und auch im Vorfeld schon mit unseren Ärzten darüber gesprochen. Denn grundsätzlich ist es eine Stärke, wie empathisch, herzlich und familiär wir miteinander umgehen. Ich empfinde es als normal, dass die Jungs diese sehr menschlichen Reaktionen zeigen. Unsere Mannschaft trifft die aktuelle Lage wirklich sehr, da wir in der Truppe viele Spieler haben, die sehr beziehungsorientiert und feinfühlig sind.“
Rainer Derber (4 ist tot - Schock-Nachricht für FC-Kapitän Jonas Hector Schicksalsschlag für den Kapitän des 1. FC Köln: Jonas Hector (29) verliert mit seinem Berater Rainer Derber (†4 einen wichtigen Begleiter seines Karrierewegs. Der Vater zweier Kinder, der in Wittlich bei Trier lebte, erlag am Montag einem Herzinfarkt. Der Familienvater hinterlässt Ehefrau Tina und zwei Töchter.
Rainer Derber beriet auch Weltmeister Erik Durm Neben Hector vertrat Derber auch noch den Frankfurter Weltmeister Erik Durm (27), der lange Jahre in Dortmund spielte. Der ehemalige Co-Trainer von Horst Ehrmanntraut beim 1. FC Saarbrücken galt als ein ruhiger und besonnener Vertreter seiner Branche, kam auch mit dem etwas speziellen Profi Hector immer gut zurecht, begleitete ihn schon vom SV Auersmacher an der deutsch-französischen Grenze über die FC-Amateure bis in die Bundesliga.
Der Moselaner war es, der das Interesse der Spitzenklubs FC Barcelona und FC Chelsea an seinen Klienten übermittelte, aber auch die höfliche Absage überbrachte.
Rainer Derber half bei Jonas Hectors Verbleib Derber war auch in Klubkreisen geschätzt, verzichtete trotz des Ausnahme-Status von Hector stets, öffentlichen Druck in Vertragsverhandlungen aufzubauen. Er half auch entscheidend mit, eine Lösung zu finden, als es darum ging, dass Hector trotz des Abstiegs weiter beim 1. FC Köln bleibt.
Jonas Hectors Berater vor allem im Saarland aktiv Neben Hector und Durm war Derber vor allem im Saarland aktiv, war zuletzt noch Zeuge des Pokaltriumphs von Viertligist Saarbrücken über Fortuna Düsseldorf, war dort gerade in Verhandlungen über die Zukunft des besten Stürmers Sebastian Jacob.
FCS-Präsident Hartmut Ostermann sagte der „Bild“: „Das ist in unruhigen Zeiten eine weitere Nachricht, die uns sehr traurig macht.“
Kommentar zur Corona-Krise im Fußball: Ohne Verzicht der Profis geht es nicht So langsam, aber sicher kristallisiert es sich heraus: Für so manchen Profi-Klub geht es in den nächsten Wochen um das nackte Überleben. Sehr schwierig wird es für die Klubs in der Dritten Liga, die ohnehin schon in der Mehrheit mit dem Rücken zur Wand stehen.
Bundesliga-Klubs setzen auf Kurzarbeit Schwierig ist es aber auch für die Klubs in den beiden oberen Ligen, die im sportlichen Wettbewerb in den vergangenen Jahren immer ihre Etats auf Kante genäht haben und neben den stetig steigenden Spielergehältern auch immer höhere Ablösesummen gezahlt haben.
Rücklagen haben nur wenige und gerade die Traditionsklubs, die nicht mit potenten Investoren und Besitzern im Hintergrund ausgestattet sind, stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Kurzarbeit ist ein Mittel, das die ersten Vereine anwenden, es wird aber bei weitem nicht reichen. Eine Aktion wie in der Schweiz, wo der FC Sion allen Profis fristlos kündigte, ist nach deutschem Arbeitsrecht undenkbar.
Profikader ist der größte Kostenblock Gerade die Bundesliga-Klubs haben aber einen großen Vorteil gegenüber anderen Branchen, die ebenfalls derzeit vor wegbrechenden Erlösen stehen: Den fehlenden Einnahmen durch TV-Erlöse und Ticketverkäufe steht als Kostenblock vor allem das Gehalt der Spieler gegenüber. Ein spürbarer Verzicht würde die Lage deutlich entspannen.
So ein Verzicht aber ist für die Spieler und Funktionäre gleichzeitig eine Investition in die Zukunft. Denn sie und auch ihre Berater werden nur weiter so üppig verdienen werden, wenn es da noch Fußball-Vereine gibt, die Gehälter zahlen.
Gehaltsverzicht eine Investition in die Zukunft nach Corona Und es ist der einzige Weg. Zu glauben, dass in diesem Sommer große Transfers möglich werden, dürfte illusorisch sein. Denn wenn die Corona-Welle über den Fußball geschwappt ist, wird man erst einmal sehen müssen, was übrig bleibt und wie man es organisiert. Der große Goldrausch aber ist erstmal vorbei.
Gehaltsverzicht der Bundesliga-Profis - Borussia geht voran, wann folgt der 1. FC Köln? Je länger das Coronavirus in Europa wütet und Fußball-Spiele unmöglich macht, umso mehr werden auch die Fußball-Klubs um ihre Existenz kämpfen müssen. Das schließt auch die rheinischen Bundesligisten mit ein, insbesondere den 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach.
Corona-Krise reißt Löcher in die Bilanz der rheinischen Klubs Lediglich Bayer Leverkusen mit seiner Patronatserklärung des Chemie-Konzerns ist fein raus – da muss vorerst niemand Existenzängste haben.
In Mönchengladbach galt die Borussia bis vor wenigen Wochen noch als wirtschaftlicher Vorzeige-Klub, doch nun droht die Corona-Krise tiefe Löcher in die Bilanz zu reißen. Pro Heimspiel fehlen Einnahmen von rund zwei Millionen Euro, dazu bangt der Klub um die letzte Tranche der TV-Gelder. Nun setzten die Spieler ein Zeichen, verzichten pro Monat auf rund eine Million Euro Gehalt. Auch der Trainerstab und die Bosse zogen nach. „Ich bin sehr stolz auf die Jungs. Wir stehen zusammen, in guten wie in schlechten Zeiten“, sagte Gladbachs Sportchef Max Eberl (46) zu der Aktion. Zudem prüft der Klub Kurzarbeit, um die Krise ohne betriebsbedingte Kündigungen zu überstehen.
Auch Karlsruher SC und SV Wehen Wiesbaden mit Gehaltsverzicht Bei den Zweitligisten Karlsruhe und Wehen Wiesbaden gab es dieselbe Botschaft aus dem Kader. Auch Borussia Dortmund, die TSG Hoffenheim, Werder Bremen und Mainz 05 wollen das Thema intern besprechen. „Die Bereitschaft, auf Gelder zu verzichten, ist definitiv da. Wir wollen da was tun, da ist jeder Spieler bereit dazu“, sagte der Mainzer Sportvorstand Rouven Schröder.
1. FC Köln: Wie lange reicht die Liquidität? Und der 1. FC Köln? Der steht zwar mit 38 Millionen Euro Eigenkapital auf dem Papier gut da, doch schon bald dürften die Kreditlinien von Finanzchef Alexander Wehrle (45) bei der Sparkasse Köln, der IBB am Bodensee und einer Bank aus dem Schwarzwald ausgeschöpft sein. Dann droht ein gewaltiges Liquiditätsproblem. Zumal im schlimmsten Fall schon im Sommer das komplette Eigenkapital aufgebraucht sein könnte. Sportchef Horst Heldt (50) hatte schon am Dienstag angedeutet, dass es auch hier Gespräche gibt. „Ich weiß, dass Fußballprofis ein soziales Gewissen haben und finde es unverschämt, das öffentlich in Frage zu stellen. Es ist ein Thema mit dem wir uns auseinandersetzen und das wir in aller Ruhe besprechen.“
1. FC Köln: Mannschaftsrat mit treuen Profis Der Kölner Mannschaftsrat ist mit Timo Horn, Jonas Hector & Co. durchsetzt mit Profis, die dem Klub schon lange die Treue halten. Da dürfen die Fans hoffen, dass sich die Spieler im Zweifelsfall schnell zu einem Bekenntnis für den Klub durchringen können. Rechtlich sind den Klubs die Hände gebunden: Sie müssen die Arbeitsverträge erfüllen, auch wenn von den Spielern keine Leistung erbracht werden kann.
BUNDESLIGA Zwischenbilanz: Der Saisonverlauf des 1. FC Köln VOR 1 WOCHE Nach der Verlegung des 26. Spieltags: Mehr als zwei Drittel der Saison sind bisher gespielt. Was lief gut bei den Clubs, was eher nicht so? Was waren die Highlights der bisherigen Spielzeit? bundesliga.de zieht eine Zwischenbilanz für den 1. FC Köln.
Saisonverlauf Beim 1. FC Köln ist die Stimmung derzeit bestens, rangiert der Aufsteiger doch nach acht Siegen aus den vergangenen elf Spielen auf Tabellenplatz zehn und hat den Klassenerhalt fest im Visier. Danach sah es bei den "Geißböcken" allerdings lange nicht aus: Nach einem schweren Saisonstart befanden sich die Rheinländer permanent im Abstiegskampf, nach dem 14. Spieltag war das Team um Kapitän Jonas Hector sogar am Tabellenende angekommen. Schon zuvor hatte sich der FC von Trainer Achim Beierlorzer, erst im vergangenen Sommer vom SSV Jahn Regensburg ans Geißbockheim gekommen, getrennt – Markus Gisdol ersetzte den gebürtigen Franken, der sich direkt dem 1. FSV Mainz 05 anschloss, auf der Kölner Trainerbank.
Mit dem neuen Trainer kam auch die Wende bei den "Geißböcken", die ihren Befreiungsschlag auf spektakuläre Art und Weise feierten: In der Englischen Woche direkt vor der Winterpause holte sich der FC drei Siege und katapultierte sich durch die neun eminent wichtigen Zähler erst einmal aus der Gefahrenzone. Diesen Aufwärtstrend setzten die "Geißböcke", angetrieben vom treffsicheren Jhon Cordoba (zehn Tore), auch im neuen Jahr fort, schlugen vor den eigenen Fans Wolfsburg, Freiburg sowie Schalke und fuhren einen 5:0-Kantersieg bei Hertha BSC ein. Kaum verwunderlich, dass die FC-Fans bereits vom erneuten Europapokal-Reisen träumen – nur etwas mehr als 100 Tagen nach dem tiefen Fall ans Tabellenende. Das gibt es so wohl nur in Köln.
Als krasser Außenseiter ging der 1. FC Köln ins Nachbarschaftsduell mit Bayer 04 Leverkusen: Auf der einen Seite der Aufsteiger, der erstmals in der Saison als Tabellenschlusslicht in eine Bundesliga-Partie ging. Auf der anderen der formstarke Champions-League-Teilnehmer, gespickt mit Stars wie Kai Havertz, Jonathan Tah oder Kevin Volland. Doch die "Geißböcke, die unter anderem mit dem 17 Jahre alten Talent Jan Thielmann aufliefen, überraschten den haushohen Favoriten: Treffer von Jhon Cordoba (73.) und Sebastiaan Bornauw (86.) brachte dem Team von Trainer Markus Gisdol den umjubelten Sieg gegen die Werkself, bei der zu allem Überfluss noch Aleksandar Dragovic (Gelb-Rot) und Leon Bailey (Rot) vom Platz flogen. Für die Kölner war dieser Sieg der Auftakt des Aufwärtstrends, der den Aufsteiger in sichere Gefilde brachte.
Topfakt Der 1. FC Köln erzielte in dieser Saison bereits elf Tore mit dem Kopf – das ist Bundesliga-Bestwert!
Schlüsselspieler: Jonas Hector Er ist der Mann, der bei den "Geißböcken" vorangeht: Kapitän Jonas Hector ist beim 1. FC Köln Führungsspieler, Leistungsträger und Identifikationsfigur in einem. Auch weil der Nationalspieler eine starke Saison spielt, stehen die Zeichen in der Domstadt auf Klassenerhalt. Egal ob im Mittelfeldzentrum oder als Linksverteidiger: Der laufstarke 29-Jährige ist eine unverzichtbare Größe im Spiel der Kölner und zeigt sich in dieser Spielzeit sogar extrem torgefährlich. Vier Tore erzielte Hector bereits – und damit fast so viele wie in seinen vorherigen vier Bundesliga-Spielzeiten (fünf) zusammen.
Überraschung: Markus Gisdol
Allzu groß war die Freude rund um den 1. FC Köln nicht, als die "Geißböcke" im November Markus Gisdol als Achim Beierlorzers Nachfolger vorstellten. Doch der ehemalige Trainer des Hamburger SV und der TSG Hoffenheim avancierte allen Unkenrufen zum Trotz innerhalb von nicht einmal 100 Tagen zum Publikumsliebling beim Traditionsverein vom Rhein. Mit seiner bodenständigen Art, harter Arbeit und den notwendigen Änderungen hat Gisdol beim FC großen Erfolg und damit das Herz der Anhänger erobert. Und wie es nicht anders sein könnte bei den jecken Kölnern: In den sozialen Netzwerken kursieren bereits Fotomontagen, die den gebürtigen Schwaben mit Meisterschale und DFB-Pokal zeigen.